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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Schirmherr und Reiseführer
Zwischenüberschrift:
Chris Linaker – der letzte Verbindungsoffizier in Osnabrück
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Wenn ein Soldat Alimente schuldig bleibt, wird er gerufen. Wenn der Oberbürgermeister bei der Parade im Regen steht, hält er den Schirm. Wenn Gruppen die frei werdenden Kasernen sehen wollen, macht er den Reiseführer: Chris Linaker, Verbindungsoffizier und Schirmherr der guten Beziehungen.
Sein Büro an der Kokschen Straße ist ein einziges Zeugnis deutsch-britischer Freundschaft. An einer Wand hängt das verblasste Bild der jung gebliebenen Queen neben einem neuen Foto von Bundespräsident Horst Köhler. Er dient zwei Herren, ließe sich daran ablesen, und noch etwas: Die Queen war zuerst, Köhler kam später.
Chris Linaker kam 1972 als Soldat nach Osnabrück. Bis 1985 diente er der Krone als Berufsoffizier, dann entschied er, Lehrer zu werden. Das Studium brach er irgendwann ab, eröffnete in Bad Essen einen Laden, restaurierte zwei Fachwerkhäuser in Eigenarbeit und kehrte schließlich in den Schoß der Armee zurück. Als Verbindungsoffizier.
20 Jahre macht er jetzt diesen Job. Zuerst in Hannover, dann in Minden, seit zehn Jahren in Osnabrück. Und jetzt hilft der 63-Jährige passend zum Ausklang seines Berufslebens dabei, die britische Armee in Osnabrück abzuwickeln. Er hat damit Erfahrung. " Ich war gerade eine Woche in Minden, da kam die Nachricht: Der Standort Minden wird aufgelöst." Das war 1991. Jetzt erlebt er alles noch einmal.
Die Leere in den Kasernen macht ihn " traurig", aber " noch trauriger" werde es sein, wenn die Kasernen nicht mit Leben erfüllt werden und die ersten Scheiben zu Bruch gehen. " Der Verfall würde mir wehtun."
Viele Erinnerungsstücke in Linakers Büro schlagen eine Brücke zwischen Briten und Deutschen. " Soldat Tom" etwa, die in den Farben der " Argyll and Sutherland Highlanders" bemalte Schaufensterpuppe, hält eine VfL-Fahne in der Hand. Die Puppe war ein Geschenk von L+ T-Chef Dieter Rauschen. Neben Garnisonswappen baumelt an der Wand eine klassische Schützenkrawatte ein Geschenk des Schützenvereins Gremmendorf bei Münster. Seit 2000 ist Linaker auch für das Münsterland zuständig.
Die Reformen in der britischen Armee haben auch Linakers Job verändert. Viel zu tun hatte er früher mit der " Bearbeitung zivilrechtlicher Angelegenheiten", wie er sagt. Im Klartext: Wenn Soldaten ihre Schulden nicht bezahlen konnten, Unterhaltszahlungen schuldig blieben oder betrunken eine Kneipe zerlegt hatten, musste Linaker vermitteln.
Für den Job des Verbindungsoffiziers gibt es kein Lehrbuch. Man wächst mit den Aufgaben. Im Umgang mit den Mannschaften ist manchmal der kernig-klare Ton vom Kasernenhof nützlich, wenn Mitglieder des Königshauses in Osnabrück zu Gast sind, ist royale Haltung gefragt. Dieser Spagat gehört zu seinem Beruf, und der Grenzgänger findet immer den richtigen Ton auf Deutsch und Englisch.
" Schwierige Zeiten" waren es in den 90er Jahren, sagt Linaker, als der Panzerlärm viele Osnabrücker nervte. Sein Vorgänger, Jock Smith, öffnete zum ersten Mal die Kasernentore. Der Tag der offenen Tür, so sagt Linaker heute, habe " den Zaun durchbrochen" und viel zum besseren Miteinander beigetragen.
Das Verbindungsbüro hat in den letzten Jahren seine Bedeutung als Kontaktbörse verloren. Vorbei die Zeiten, als deutsche Sportvereine britische Teams zum Kräftemessen herausforderten. Der Grund: Die Soldaten waren lange im Irak oder Afghanistan und nur selten in Osnabrück. Chris Linakers Hauptaufgabe ist es zurzeit, allen und überall vom Abzug zu berichten und Besuchergruppen durch die Kasernen zu führen. " Ich müsste wie ein Reiseführer so ein Fähnchen haben", sagt er und wedelt mit der Hand.
Im März 2009 wird die letzte Kaserne besenrein übergeben. Linaker ist der achte und letzte in der Reihe der Osnabrücker Verbindungsoffiziere. Bis Ende Juli 2009 wird er die Reste britischer Präsenz in Osnabrück abwickeln und sich dann arbeitslos melden. Nun, Hartz IV droht ihm nicht. Als Zivilbeschäftigter hat er Anspruch auf Fortzahlung eines Entgelts auf bisherigem Niveau, bis er im Mai 2010 mit 65 Jahren in den Ruhestand gleiten kann. Wenig später wird auch seine Frau Doerthe in Pension gehen, die als Lehrerin in der Dodesheide arbeitet.
Und dann? " Wenn Sie meinen, dass ich zurückgehe nach England nein, auf keinen Fall. Ich bin Osnabrücker", sagt er in seinem ihm eigenen britischen Akzent.

Bildtext: Der Dolmetscher: Chris Linaker zwischen Hans-Jürgen Fip und Prinzessin Anne (2002).

Bildtext: Der Reiseführer: Linaker mit EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering (Mitte) in der Kaserne in Eversburg.

Bildtext: Der Schirmherr: Linaker schützt bei der Abschiedsparade OB Boris Pistorius.

Bildtext: In seinem Büro zeugt alles von deutsch-britischer Verständigung: Hinter Chris Linaker steht " Soldat Tom", eine Schaufensterpuppe in schottischen Regimentsfarben und mit VfL-Fahne.

Foto: Jörn Martens
Autor:
hin


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