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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Die vergessene Gefahr im Chemie-Schrank
Zwischenüberschrift:
Auch in Osnabrücker Schulen gibt es explosive Pikrinsäure – Stadt ordnet Überprüfung an
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
An über 30 Schulen in Nordrhein-Westfalen mussten Sprengstoff-Experten in den vergangenen Tagen Behälter mit Pikrinsäure entsorgen. Es bestand Explosionsgefahr. Kommt es jetzt auch in Osnabrücker Chemieräumen zu solchen Einsätzen? Das hängt davon ab, ob die zuständigen Lehrkräfte sorgfältig gearbeitet haben.
Eigentlich ist die gelbe Substanz mit dem wissenschaftlichen Namen Trinitrophenol relativ ungefährlich. Einzige Voraussetzung: Sie muss ständig feucht gehalten werden. Denn wenn Pikrinsäure austrocknet, kann schon ein leichter Schlag oder die Reibung des Drehverschlusses eine heftige Detonation auslösen.
" Im modernen Chemie-Unterricht wird Pikrinsäure eigentlich nicht mehr verwendet", sagt Lothar Wehleit. Der Schulleiter des Ratsgymnasiums ist selbst Chemielehrer. Anhand der Reaktion der gelben Säure mit dem kristallinen Feststoff Anthracen hat er seinen Schülern früher oft das chemische " Prinzip des kleinsten Zwangs" nach Henry Le Chatelier erklärt.
Heute nutze er die Substanz im Unterricht aber kaum noch, sagt Wehleit. " Es gibt umweltfreundlichere und zeitgemäßere Experimente." Pikrinsäure sei deshalb inzwischen auch aus den Lehrbüchern verschwunden.
Darin könnte nach Ansicht Wehleits auch der Grund zu suchen sein, warum jetzt in NRW so viele ausgetrocknete Pikrinsäure-Behälter aufgetaucht sind. Da die Substanz nicht mehr benötigt wurde, sind die Container seit Jahren nicht mehr geöffnet worden und im Regal nach und nach ganz nach hinten gewandert. An den betroffenen Schulen hat offenbar niemand mehr daran gedacht, dass sie sich ohne die regelmäßige Zugabe von Wasser in gefährlichen Sprengstoff verwandeln. " Eigentlich liegt das in der Sorgfaltspflicht eines Sammlungsleiters", sagt Wehleit.
Am Ratsgymnasium hat der für die Chemikalien-Bestände verantwortliche Chemielehrer seine Aufgabe offenbar vorbildlich erledigt: Als der Schulleiter die Bestände jetzt vorsichtshalber kontrollierte, enthielt der Pikrinsäure-Behälter ausreichend viel Wasser.
Ob es an allen Osnabrücker Schulen so aussieht, wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Das niedersächsische Kultusministerium und die Stadt Osnabrück werden alle Schulleiter schriftlich dazu auffordern, die Chemie-Sammlungen umgehend überprüfen zu lassen. Alle Pikrinsäure-Bestände müssen der Stadt gemeldet werden. Dann soll geprüft werden, ob Handlungsbedarf besteht. " Wir werden uns gemeinsam mit dem Schadstoffexperten der Feuerwehr um jeden Einzelfall kümmern", versichert der Leiter des städtischen Fachbereichs Schule und Sport, Hans-Georg Freund.
Sollte der Verdacht bestehen, dass ein Behälter ausgetrocknet ist, müssten sich wie in NRW die Sprengstoffexperten des Landeskriminalamtes der Sache annehmen. Bislang hat es in ganz Niedersachsen aber noch keinen derartigen Einsatz in einer Schule gegeben. Nach Ansicht eines Behördensprechers ist allerdings damit zu rechnen, dass sich das in den nächsten Tagen ändern wird.
Übrigens hat es in Osnabrück in jüngerer Vergangenheit einen Pikrinsäure-Alarm gegeben. Schauplatz war damals allerdings keine Schule, sondern eine Apotheke, die kurz zuvor den Inhaber gewechselt hatte. Als die neue Chefin eine angestaubte Flasche mit der Substanz in einem Regal entdeckte, tat sie das einzig Richtige: Sie alarmierte sofort die Polizei.

Bildtext: Das " Prinzip des kleinsten Zwangs" erklärt Chemielehrer und Schulleiter Lothar Wehleit vom Ratsgymnasium dem zehnjährigen Adrian. Für das Experiment werden die gelbe Pikrinsäure und farbloses Anthracen in einem Reagenzglas vermischt. Es entsteht rotes Anthracenpikrat.

Foto: Hermann Pentermann
Autor:
Arne Köhler


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