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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Die Umweltzone – unvermeidliches Übel?
Zwischenüberschrift:
Wie Osnabrück die Luft sauberer machen will
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Keiner will die Umweltzone in Osnabrück. Aber sie scheint unvermeidlich. Warum eigentlich? Und warum muss die Stadt den Schaden beheben, den die deutsche Autoindustrie durch ihre Untätigkeit verursacht hat?
Von Wilfried Hinrichs
Osnabrück. Detlef Gerdts, Leiter des Fachbereichs Umwelt, beschäftigt sich seit Jahren mit dem Luftproblem. Kollegen aus anderen Städten fragen ihn gern um Rat, wenn es um die Umsetzung der komplizierten Vorgaben aus Brüssel geht. Seine nichtüberraschende Erkenntnis: " Es geht in der öffentlichen Diskussion drunter und drüber." Fakten würden falsch verstanden, verdreht, ignoriert, Hier der Versuch, die wichtigsten Fakten mit seiner Hilfe zu ordnen.

Die Stadt muss für saubere Luft sorgen.
Das Bundesimmissionsschutzgesetz setzt das europäische Recht um und ist eindeutig: Wenn in einer Stadt in einem Jahr an mehr als 35 Tagen der Grenzwert für Feinstaub überschritten wurde, muss 22 Monate später ein Aktionsplan vorliegen. Darin muss dargelegt werden, wie der Grenzwert in Zukunft eingehalten werden soll. Osnabrück hat 2006 die Feinstaub-Grenzwerte überschritten und muss deshalb im Oktober einen fertigen Aktionsplan vorlegen. Bei der Umsetzung spricht Brüssel die Bundesregierung an, Berlin reicht die Vorgaben an die Länder und die an die Bezirksregierungen weiter. Weil es in Niedersachsen keine Bezirksregierungen mehr gibt, sind die Kommunen in der Pflicht.

Was für Trinkwasser gilt, soll auch für die Luft gelten.
Die Europäische Union argumentiert: Für Trinkwasser gelten strenge Richtlinien und Grenzwerte. Jeder Bürger in Europa soll sicher sein, dass gesundheitlich unbedenkliches Wasser aus dem Hahn fließt. Und genauso habe jeder ein Recht auf saubere Luft. Der Grenzwert für Feinstaub gilt seit 2005, aber erst jetzt wird an der Einhaltung gearbeitet. Das soll sich bei Stickstoffdioxid nicht wiederholen. Der Grenzwert für diesen Schadstoff gilt ab 1. Januar 2010. Zu diesem Zeitpunkt soll er eingehalten werden.

Stickstoffdioxid und Feinstaub sind giftig.
Als Feinstaub gelten Schmutzpartikel, die kleiner sind als der zehnmillionste Teil eines Meters (PM 10). Der Feinstaub setzt sich in der Lunge fest und gilt als krebserregend. Laut Studie der Weltgesundheitsorganisation sterben europaweit jährlich 300 000 Menschen an Krankheiten, die durch Feinstäube. entstehen. Stickstoffdioxid führt zu Kopfschmerzen und Schwindelgefühlen. In höheren Konzentrationen kann es Atemnot und Lungenödeme auslösen. 80 Prozent des Stickstoffdioxids in der Stadt entstehen durch den Autoverkehr. Beim Feinstaub entstehen nur 25 Prozent in der Stadt (zum Beispiel durch Verkehr und Kaminfeuer). 75 Prozent des Feinstaubs kommen von außen.

Die Umweltzone ist das effektivste Instrument.
Osnabrück muss nicht zwingend eine Umweltzone einrichten. Nach Berechnungen von Gutachtern ist die 17 Quadratkilometer große Zone aber das wirksamste Mittel, weil die Probleme mit Feinstaub und vor allem mit Stickstoffdioxid flächendeckend in Osnabrück auftreten. Die Stadt Braunschweig versucht es ohne Umweltzone. Stattdessen wird erwogen, in weiten Teilen der Innenstadt die Fernwärmenutzung vorzuschreiben. Das würde bedeuten, dass die Bürger ihre Heizungsanlage abstellen und sich an das Wärmenetz anschließen müssten.

Die Autoindustrie könnte das Problem leichter lösen.
Der Boom bei den Dieselfahrzeugen hat das Feinstaub- und Stickstoffdioxid-Problem verschärft. Auch ein moderner Diesel stößt dreimal mehr Stickstoffdioxid aus als ein Benziner. In den USA und Japan gelten schon heute strenge Richtlinien für den Ausstoß von Stickstoffdioxid. Die deutschen Autohersteller produzieren seit 2007 für den Export Fahrzeuge, die spielend die US-Grenzwerte einhalten. Im Stadtrat sprach SPD-Fraktionschef Ulrich Hus kürzlich offen von einem " Skandal", den sich die deutsche Autolobby erlaube. Detlef Gerdts sagt: " Die Städte müssen mit Umweltzonen und Aktionsplänen das reparieren, was die Autoindustrie verbockt hat." Eine rasche Umsetzung der Technik würde die Umweltzonen-Debatte bald überflüssig machen. Immerhin: Mercedes hat jetzt ein Sauber-Modell auf den Markt gebracht.

Auch mit Luftreinhalte- und Aktionsplan werden die Grenzwerte in Osnabrück nicht eingehalten.
Die Prognosen der Experten sind alarmierend: Mit dem Luftreinhalte - und Aktionsplan wird die Luft in Osnabrück 2012 sauberer sein, aber die Grenzwerte werden in Problemzonen wie der Martinistraße und Lotter Straße nicht erreicht.

Etliche Millionen für neue Busse und Dienstfahrzeuge. Die Einrichtung der Umweltzone soll 100 000 Euro kosten. Verschwindend wenig im Vergleich zu den Investitionen in den Nahverkehr. Die Verkehrsgemeinschaft Osnabrück (VOS) will in den nächsten fünf Jahren 95 moderne, schadstoffarme Busse anschaffen. Die Kosten: mindestens 20 Millionen Euro. Die Stadtwerke wollen 50 neue Busse in Dienst stellen. Die Stadt investiert bis 2011 zwei Millionen Euro zusätzlich in die Umrüstung und Modernisierung der Fahrzeugflotte. Außerdem sollen die Ampelschaltungen optimiert werden. Es läuft bereits eine intensive Beratung der etwa 17 000 Osnabrücker Kaminofenbesitzer zum " emissionsarmen Hausbrand". Fassaden-, Dach- und Straßenraumbegrünungen werden forciert, um Feinstaub zu binden.

Die Zeit drängt.
Der Europäische Gerichtshof hat gerade bestätigt, dass es ein einklagbares Recht auf saubere Luft gibt. Ein Anwohner der Martinistraße könnte die Stadt also verklagen, wenn sie nicht alles Vertretbare unternimmt. Der deutsche Botschafter bei der EU in Brüssel erhielt jetzt einen blauen Brief der EU-Kommission: Die Bundesregierung möge bis zum 30. September darlegen, was sie zu tun gedenkt, um die Städte zur Einhaltung der Grenzwerte für Feinstaub zu zwingen. Auch Osnabrück steht auf der Liste der EU, liegt aber im Zeitplan. Beim Stickstoffdioxid ist 2010 als Frist gesetzt.

Ohne Plakette 40 Euro und ein Punkt in Flensburg.
In 13 Städten gibt es bereits Umweltzonen, im Oktober kommen acht Ruhrgebietsstädte dazu. Wer ohne Plakette einfährt, riskiert 40 Euro Bußgeld und einen Punkt in Flensburg. Auch im Ausland sind Umweltzonen eingerichtet. Die schärfsten Kontrollen hat London eingeführt. Kameras erfassen das Kennzeichen jedes Fahrzeugs und gleichen die Daten ab. Wer unberechtigt einfährt, zahlt für jeden Tag 1000 Pfund Strafe. Ausländische Gäste, zum Beispiel Busunternehmen aus Deutschland, müssen vorher ihre Fahrzeuge registrieren lassen.
Liste der Umweltzonen
im In- und Ausland: www.map24.de www.lowemissionszones.eu
Autor:
Wilfried Hinrichs
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