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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
"Rostiges Eisen ist unser bester Auftraggeber"
Zwischenüberschrift:
Domsanierung hinter Folie: Steinmetze sichern die markante Westfassade der Kathedrale
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Die kunstvolle Verhüllung ist bittere Notwendigkeit: Die ungleichen Türme des Domes, das Wahrzeichen des Bistums Osnabrück, verschwinden derzeit hinter etwa 2500 Quadratmetern reißfester, faserverstärkter Folie. Zum Schutz gegen Staub und herabstürzenden Mörtel und Steine haben die Steinmetze das Mauerwerk verhängt, dessen Fugen sie in mühevoller Kleinarbeit erneuern.
Dabei entdecken Restaurator Werner Paetzke und seine Mitarbeiter manche unliebsame Überraschung: Was einst zur Stabilisierung des Gemäuers in bester Absicht geschehen ist, erweist sich nachträglich als große Bausünde. Galt es um 1830 als technische Erkenntnis, dass schadhaftes Mauerwerk durch Eisenkeile gesichert werden kann, so hat deren Rost fast zwei Jahrhunderte später Steinbrocken an vielen Stellen geradezu weggesprengt.
Der Aufstieg am Westwerk des Domes stellt dem Betrachter 900 Jahre Dombaugeschichte vor Augen, wobei jede Epoche " ihren" Stein verbaute. In der Romanik brach man das Baumaterial im Hüggel bei Hagen, wo ein stark quarzhaltiger Stein gewonnen wurde. " Wer diesen Staub eingeatmet hat, ist sicher nicht alt geworden", verweist Werner Paetzke auf das Berufsrisiko der damaligen Steinmetze. Im späten Mittelalter etwa für den Bau des dicken Südwestturmes orderten die Domherren Schilfsandstein aus Melle und Lüstringen, der weniger hart und daher witterungsanfälliger, jedoch auch leichter zu bearbeiten ist. Zudem lieferten zu dieser Zeit auch die Steinbrüche am Gertrudenberg und in Schinkel.
Sandstein und Beton
Im 17. Jahrhundert orderte das Domkapitel Steine aus Iburg, wo auch Fürstbischof Ernst August I. sein Baumaterial für das Osnabrücker Schloss bezog. Erst seit dem 19. Jahrhundert wird am Dom auch Teutoburger Sandstein aus Ibbenbüren verbaut. Vor 32 Jahren schließlich ersetzten die Restauratoren im Glauben an dessen lange Lebensdauer den stark verwitterten Fries am Nordturm durch Repliken aus Beton, die sie mit Haken und Drahtgeflecht am Naturstein befestigten. Auch dieses moderne " Blendwerk" ist im Bestand stark gefährdet.
Angesichts der handwerklichen Spitzenleistungen vergangener Epochen gerät Werner Paetzke in luftiger Höhe ins Schwärmen: " Für uns ist es ein wunderbares Gefühl, mit solchem Material umgehen zu können." Jeder Stein im zwischen 1, 10 und zwei Meter starken und bis zu 39 Meter hohen Mauerwerk trage zur Standfestigkeit bei, und die Fassade sei nicht etwa vorgeblendet, sondern elementarer Bestandteil der Statik.
Auch wenn Paetzke den Einbau von Eisenankern und - keilen seit dem 19. Jahrhundert als seinen " besten Auftraggeber" bezeichnet, ohne Edelstahl kommt auch die aktuelle Sanierung nicht aus. Dazu werden einzelne Steine aus der Fassade herausgenommen und das dahinterliegende Mauerwerk vollständig durchbohrt, um eine Stahlstange durch das Loch zu schieben. Anschließend werden Metallplatten an beiden Enden der Stange fixiert, die das Mauerwerk stabilisieren.
Aber auch die aktuelle Sanierung kann und soll nicht die vielen Verformungen und Verwitterungen beseitigen, die der Turmanlage des Domes in 900 Jahren ihr unverwechselbares Aussehen gegeben haben. Domdechant Dr. Heinrich Plock hegt indes angesichts des 650 000-Euro-Projektes einen Wunsch: Nachdem er bereits vor 32 Jahren Zeuge einer vollständigen Einrüstung des Westwerkes geworden war, darf die nächste Sanierung länger auf sich warten lassen.

Bildunterschriften:

1) Außergewöhnlicher Anblick: Die Domfassade ist für mehrere Wochen verhüllt.

2) Der Beton platzt ab: Restaurator Werner Paetzke zeigt Domdechant Dr. Heinrich Plock, dass die erst 32 Jahre alten Ergänzungen nicht von Dauer sind.

3) Mit Edelstahl werden Steine im Mauerwerk fixiert und so die gesamte Domfassade stabilisiert.

4) Große Bausünde: Um 1830 wurde schadhaftes Mauerwerk durch Eisenkeile gesichert. Jetzt zerstört der Rost den Stein.

Fotos: Michael Hehmann
Autor:
Hermann Queckenstedt


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