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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Die Wüste bei Osnabrücker.
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Originaltext:
Veranlaßt durch den in den nächsten Tagen bevorstehenden Martinianer Schnatgang, haben wie mit Interesse die über unsere Laischaften handelnden Schriften hervorgesucht und verweilen für heute bei einer derselben, die den Titel führt: " Nachrichten über die Wüste bei Osnabrück. Aus den Acten und Rechnungen zusammengestellt von C. Rasch."
Der Verfasser, welcher sich bekanntlich um die Matinianer Laischaft ein allgemein anerkanntes verdienst erworben hat, beschreibt die Wüste als ein Grundstück von 1485 Scheffelsaat, das seit langen Zeiten den Bewohnern der Neustadt und den Jnteressenten der Martinianer Laischaft zur Kuhweihe diente, auf welches aber außerdem jeder Bürger (nicht jeder Einwohner) Pferde, Schweine, ehemals auch Ziegen und Gänze aufgehört hat, ist nicht nachzuweisen, wahrscheinlich vor mehr als 200 Jahren; die Schweinetrist ist 1822 ausgegeben.
Aussicht und Rechnung über die Wüste führt in den ältern Zeiten nur die Martinianer Laischaft, dieselbe hat sich aber im vorigen Jahrhundert aus unbekannten Gründen dieses Recht nehmen lassen, und die Verwaltung dergestalt mit den übrigen Laischaftsvorständen getheilt, daß sie von Jahr zu Jahr auf eine andere Laischaft überging.
Ueber die vormalige sumpfige Beschaffenheit der Wüste sagt uns Herr Rasch, das weidende Vieh habe nur auf einzelnen Theilen des Bodens seine Nahrung suchen können; die Fläche habe den Sumpf- und Wasservögeln zu Niederlaßquartieren gedient; Pferde und Kühe seien nur vermittelst menschlicher Hülfe an die Plätze zu führen gewesen, wo sie sich wie auf weiten Strecken, die nicht beweidet werden könnten, haben die Bülte aus dem Wasser geschwommen, die vom Sumpf umgebenen üppig wachsenden, aber im Sommer unerreichbaren Gräser mußten bei Frostwetter übers Eis weggeholt werden, um zur Streu zu dienen.
Interessant ist dabei folgende Nachricht aus dem Jahre 1648. " Haben die Neustädter eine Verneuerunge gemacht, und haben auf unserm Moore Vuschen und Speiken *) gelegt, das ihre Kühe sollen daruff wehden, solches die Martinianer Laischaft nicht leiden können und wollen, haben wir Vorsteher der Laischaft darüber an den Vorgermeister Dr. Schepeler geklagt, sehn die Herren behderschtes von der alten undt Neuwenstadt hin daß der St. Johannes Porten gefahren mit Carossen und Jagtwagen, undt es in Augenschein genommen, undt darnach auch den Schnat gegangen und darauff den Stein geseiget den Neuwenstedtern, daß unsere Gerechtigkeit so weith sich strecket, solches wollten sie nicht concediren, darauf hat Dr. Schepeler sein Compas gesetzet, undt solch confirmiret, daß es just auff den Eck oder Kannte St. Catharinen Thurme hielte, sehn die Herren davon geschieden, undt weiter auf Northauses Stege gesessen, hat der Doctor den Bescheide der Neuwenstadt geben, sie sollten die Vuschen von dem Moore gantz wegkschaffen, solches ist im Majo geschehen."
Es it noch nicht gar zu lange her, daß Kühe und Pferde in den Morast geriethen und sich immer tiefer hineinarbeiteten; eine ganze Mannschaft mußte dann hinausrücken, um die armen Thiere aus dem kläglichen Zustande zu befreien. Auch ist die Meinung allgemein, daß die ungesunden Dünste des Sumpfes alljährlich Fieber, zuweilen schlimmere Seuchen, namentlich die Ruhr veranlaßt haben, und ganz besonders war damit die Beustadt geplagt.
Erst 1723 entschloß sich die Martinianer Laischaft, auf ihre allgemeine Rechnung einige Abzugskanäle anzulegen. 1769 legte Oberstlieutenant G. W. D. v. d. Bussche (der 1794 als General in einem Treffen an der Waal fiel) den Plan vor, die Wüste vermittelst Anlegung eines großen Kanals zu entwässern, Magistrat und Laischaft billigten den Plan, schafften die erforderlichen Gelder herbei, und bewerkstelligten die Ausführung. Da konnten Wiesen eingefriedigt und aus dem Erlöß des verkauften Grases die Zinsen der angeliehenen Capitalien bestritten werden. Da aber gutes Ding in Westfalen immer Weile haben will, so überstürzte man sich auch hierbei nicht, und machte die Anlage im J. 1781, wozu patriotische Männer ganze 1400 .. zu pCt. vorzustrecken den Muth hatten. Und doch wurde durch den großen Kanal noch lange nicht die ganze Wüste entsumpft; es bleiben noch unbrauchbare Weideflächen und zahllose Bülte, weshalb sich die Martinianer Laischaft zu Anfang dieses Jahrhunderts entschließen mußte, auf eigene Rechnung ihren Kühen Wege zu bahnen, damit sie nicht im sumpfe stecken blieben.
Nach 1820 wurde verschiedener Streitigkeiten wegen der Wunsch der Martinianer sehr lebhaft, die übrigen Laischaften aus der Wüste ganz abzulaufen, was zwar der magistrat 1823 billigte, aber doch nicht so leicht zu Stande zu bringen vermochte, da kein rechtsbegründeter Theilingsmaßstab aufzufinden war. Endlich gelang es der unermüdeten Thätigkeit des Landraths Gruner-Gretesch, einen Vergleich zu Stande zu bringen, nach welcher die Wüste in drei Theile zerfiel, einen für die Pferdeweide einen zur Abfindung der Hegerlaischaft und einen für die Martinianer unter der Last einer Geldabfindung für die übrigen Laischaften. Das geschah im Herbst 1831, und nun wurde schon im Nov. vom Vorstande der Martinianer Laischaft ein Culturplan vorgelegt und von den Interessenten genehmigt, worauf denn sogleich an Entwässerungskanäle, Einfriedigung und Wege Hand gelegt wurde.
Hierauf entstand der Beschluß, eine der Martinianer Laischaft gehörende Fläche von der Wüste unter die Interessenten zu vertheilen; man maß so viele gleiche Stücke ab, als Interessenten vorhanden waren, jedes Stück 34 Quadratruthen groß, und verloosete die Stücke am 7 Jan. 1832. Ferilich nicht ohne Schwierigkeit und Kampf. Denn bekanntlich gibt es Interessenten mit eintriftiger, zweitriftiger, ja achttriftiger Gerechtigkeit, und es war nun die Frage, bach welchem Princip man theilen wolle. Da bei einer Ausweisung nach Triftenzahl (währent 8 Häuser den vierten Theil aller Triften besaßen) viele Interessenten einen so geringen Antheil bekommen haben würden, daß die Culturkosten den Nutzen nicht aufgewogen hätten; so siegte der Vorschlag, nicht nach Triften, sondern nach Häusern zu theilen.
Was diese Theilung genützt hat, lehrt der Augenschein. Man durchwandle nur die Flur, und betrachte die lachenden Felder, wo einst saure Gräser wuchsen und freue sich des glänzenden Fortschrittes. Die mit Laischaftsgerechtigkeit versehenen Häuser aber sind durch diesn Grundzuwachs durchschnittlich um 300 Thaler im Werthe gastiegen, und der Pachtpreis des Gartenlandes in der Nähe der Stadt hielt sich auf so mäßigem Betrage, daß auch die geringere Classe selbst der unbegüterten Nichtinteressenten davon bis heute großen Vortheil zieht. Freilich ist dies nicht die erste Theilung gewesen. Schon im Anfange des Jahrhunderts fühlte man ein Bedürfnis, einige der Stadt nahe gelegene Kämpe an die Häuser zum Gemüsebau zu vertheilen; aber das war keine Wüstentheilung. Solche Gartenlandvertheilungen geschahen zuerst in der Hegerlaischaft, dann in der Natruper, der Hase- und der Herrenteichslaischaft, 1810 in der Martinianer Laischaft. Es sollte keine Eigenthumsvertheilung sein, sondern nur eine Verpachtung auf bestimmte Jahre, und denselben Grundsatz befolgten auch die Martinianer um J. 1831, indem sie auf jedes Stück Land eine Abgabe von 1 .. legten, bis die Deckung der Zinsen der auf die Wüste angeliehenen Capitalien aus andern Mitteln erzielt werden könne. Inzwischen ergab es sich schon 1834, daß die verbesserten Gründe auch die Einnahme der Laischaftskasse erheblich vergrößerte, und daher die auferlegten jährliche Abgabe als überflüssig erschienen konnte.
Wir schließen diese Mittheilungen, indem wir uns vorbehalten, unsre Leser noch ferner über die Geschichte der Laischaften im allgemeinen zu unterhalten.

*) Vuschen (mit langem u) oder Vosen sind Bündel, hier wahrscheinlich von Reifern oder Braten. Speiken sind starke Stäbe oder Latten, verwandt mit den Speichen der bläder.


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