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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Was wird aus der Wassermühle im Nettetal?
Zwischenüberschrift:
Martin Läer muss Baudenkmal räumen – Mahlbetrieb nur noch bis September – Nachnutzung offen
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Wallenhorst/ Osnabrück. Im Nettetal geht eine Ära zu Ende. Nach 28 Jahren muss der Osnabrücker Martin Läer Ende September die denkmalgeschützte Wassermühle in Rulle räumen. Eigentümer Ansgar Knollmeyer hat fristgerecht den Pachtvertrag gekündigt.
Die Nachnutzung ist noch offen. Er benötige die Räume für den Eigenbedarf, argumentiert Ansgar Knollmeyer, Inhaber des gleichnamigen Gasthauses mit Biergarten. Es werde ein Konzept erstellt, das im April 2009 greifen solle. Gestritten wird noch über die Höhe der Zahlung, die der Eigentümer an den Pächter für dessen Investitionen im und am Gebäude leisten muss. Offenbar stimmt schon seit Jahren die Chemie zwischen Ansgar Knollmeyer und Martin Läer nicht mehr.
Dieser hatte 1980 das halb verfallene Bauwerk gepachtet und anschließend mit eigenen Mitteln wieder in Schuss gebracht. Die Wassermühle hat ihren Ursprung in der Zeit Karls des Großen. 1875 ging sie in den Besitz der Familie Knollmeyer über, 1957 wurde sie stillgelegt.
Derzeit befindet sich in den oberen Etagen des Gebäudes eine Wohnung. Unten ist die historische Antriebstechnik von 1813 voll funktionstüchtig. Jeden Freitag setzt Martin Läer die tonnenschweren Mühlsteine aus Flussquarz und Basalt in Gang, um kalt gemahlenes, besonders gesundes Mehl für die Backstube seines Vetters in Osnabrück zu produzieren.
Die Wassermühle im Nettetal ist die letzte in Norddeutschland, in der gewerbsmäßig wie vor 200 Jahren Mehl gemahlen wird. Martin Läer ist als einziger Steinmüller weit und breit in die Handwerkerrolle eingetragen. Hauptberuflich führt er eine Handelsgesellschaft für ökologische Produkte in Venne.
Die althergebrachte Produktionsweise im Nettetal zieht zahlreiche Besucher an. Um die 50 Gruppen kommen Jahr für Jahr, um einen Ausflug in eine lebendige Vergangenheit zu unternehmen. Damit ist (zumindest unter der Regie des jetzigen Pächters) in drei Monaten Schluss. Interessierte sollten sich sputen. Unter Telefon 0 54 76/ 90 20 81 können sie sich bei Martin Läer melden. Nur der regelmäßige Betrieb ermöglicht es nach seinen Worten, Getreide für den Gebrauch zu mahlen. Denn der feine Mehlstaub vertreibt die Mäuse, die Mahlgänge bleiben sauber. Und da es ständig im Gebälk rüttelt, nistet sich dort der Holzbock nicht ein.
Das Nettetal rund um die Wassermühle hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Oberhalb des Gasthauses eröffnete vor zwei Jahren auf 7000 Quadratmetern eine Minigolfanlage. Im Frühjahr 2007 ging der Kletterwald an den Start, der sich einer großen Beliebtheit erfreut. Dadurch stieg allerdings auch das Verkehrsaufkommen insbesondere am Wochenende. Die Gemeinde Wallenhorst musste auf der Straße Nettetal Halteverbotsschilder aufstellen, damit Rettungswege frei bleiben. Ein neuer Parkplatz wurde angelegt, der Bau eines zweiten (2000 Quadratmeter groß, unter anderem für Reisebusse) beginnt mit Genehmigung des Landkreises Osnabrück nächste Woche.
Für die Gemeinde Wallenhorst ist die Wassermühle im Nettetal ein Kleinod, das vor allem in seiner äußeren Erscheinung erhalten bleiben müsse. Wenn der Mahlbetrieb eingestellt werde, sei das ein Verlust, meint Thomas Stüber, Leiter des Wallenhorster Fachbereichs Planen, Bauen, Umwelt: " Wir fänden es toll, wenn das irgendwie weitergehen könnte." Die Gemeinde stehe der neuen Infrastruktur mit Kletterwald und Minigolfanlage sehr positiv gegenüber. Es sei zu begrüßen, dass dadurch das Nettetal als Ausflugsziel gestärkt werde. Die Auflösung des Pachtvertrages zwischen Martin Läer und Ansgar Knollmeyer sei eine privatrechtliche Angelegenheit, in die sich die Gemeinde nicht einmischen könne.
" Ökosystem in Gefahr"
Derweil sieht der Noch- Mühlenpächter Ökosystem und Landschaftsbild des Nettetals gefährdet. Ohne regelmäßigen Mahlbetrieb sei die jetzige Stauhöhe von 2, 50 Metern nicht erforderlich. Werde sie abgesenkt, sinke auch der Grundwasserspiegel, und die Bauern könnten auf den Wiesen Mais anbauen. Wegen der Uralt-Staurechte von 1253 hatte Martin Läer wiederholt mit den benachbarten Landwirten vor Gericht gelegen und sieben Prozesse gewonnen. Ansgar Knollmeyer weist den Vorwurf, die Stauhöhe ändern zu wollen, zurück. Daran werde nichts geändert. Er wolle vielmehr das Mühlrad erneuern lassen, das sich künftig fünf Stunden am Tag drehen solle. / Bildtext: Müller Martin Läer mahlt in der Wassermühle im Nettetal seit 1983 Bio-Getreide zu Vollkornmehl. Fotos: Elvira Parton

Kommentar von Holger Jansing
Schade
Wer das Nettetal seit langem kennt, sieht die aktuelle Entwicklung mit gemischten Gefühlen. Offenbar zählen Spaß und Kommerz mehr als lebendige Kulturgeschichte und eine intakte Landschaft.
Mit seiner unkonventionellen Art hat Martin Läer in und an der Wassermühle einen funktionierenden historischen Lernort geschaffen, ohne am Tropf der öffentlichen Hand zu hängen. Das kann in der modernen Computerzeit gar nicht hoch genug gewürdigt werden. Unverständlich ist im Nachhinein, dass Kritiker dem Müller allzu oft Steine in den Weg gelegt haben.
Nun drohen die mühsam aufgebauten Werte auf der Strecke zu bleiben. Die Gemeinde Wallenhorst und der Landkreis Osnabrück sollten die Entwicklung im Nettetal jedenfalls mit Argwohn begleiten. Das Naherholungsgebiet zu stärken, ist in Ordnung allerdings nicht um jeden Preis. Ein Freizeitpark im Landschaftsschutzgebiet ist nicht hinnehmbar.
Auch wenn unternehmerisches Handeln grundsätzlich förderungswürdig ist: Projekten, die nicht ins Nettetal passen, sollten die Behörden die rote Karte zeigen.
h.jansing@ neue-oz.de
Autor:
jan


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