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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Als Osnabrück die Erleuchtung kam
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150 Jahre Gasversorgung: Der Betrieb der Kokerei war die Geburtsstunde der Stadtwerke
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SAMSTAG.

5. JANUAR 2008

25

Schnelle Truppe: Die Laternenanzünder waren in den 1920er Jahren mit Motorrädern unterwegs. Für dieses Foto haben sie sich vor dem alten Gasometer aufgestellt."

Als Osnabrück die Erleuchtung kam

150 Jahre Gasversorgung: Der Betrieb der Kokerei war die Geburtsstunde der Stadtwerke Mit Glühstrumpf: eine Straßenleuchte aus dem frühen 20. Jahrhundert.

Rund ums Gas

1854 ließ die Stadt in einem Gutachten klären, ob für die " Gaserleuchtung" Steinkohlengas oder ein sogenanntes Patentgas verwendet werden sollte. Die Antwort lautete: " Hochwohllöbli-cher Magistrat wolle aus Vorstehendem zu entnehmen geneigen, dass zur Erleuchtung der Stadt Osnabrück nicht füglich anderes als Steinkohlengas in Betracht kommen kann."

Am 17. Februar 1857 hatten die städtischen Kollegien in gemeinschaftlicher Sitzung beschlossen, Gaswerk für die Straßenbeleuchtung in Osnabrück zu bauen. 83 000 Reichstaler wurden für das Vorhaben bewilligt. Die offizielle Betriebseröffnung war am 10. Januar 1858.

Die Gasabgabe in Osnabrück betrug 1858 insgesamt 168 796 m3. Zum Vergleich: 2007 setzten die Stadtwerke etwa 222 Millionen m3 ab, das entspricht der 1300-fachen Menge. Dazu kommt noch, dass das heute verwendete Erdgas einen doppelt so hohen Heizwert besitzt wie das frühere Kokereigas.

Als das Gaswerk 1858 in Betrieb ging, war das Leitungsnetz 21, 7 km lang. Heute verfügen die Stadtwerke über ein Leitungsnetz von 692 km Länge.

" Man erreicht, die Finsternis erst recht deutlich zu machen"

Ein Zeitgenosse über die damaligen Tranlampen

Mehr Licht, weniger Gas: Werbung für Auer-Glühstrümpfe im Museum Industriekultur, die das Gaslicht effizienter machten.

In solchen Öfen wurde im 19. Jahrhundert das Gas aus der Steinkohle destilliert.

" Ohne Glühstrumpf hätte sich Elektrizität schneller durchgesetzt" Rolf Spilker, Leiter des Museums Industriekultur

OSNABRÜCK. Am 10. Januar 1858 kam Osnabrück die Erleuchtung. Zum ersten Mal strahlte die Innenstadt im Licht von 300 Gaslaternen. Ein großes Ereignis für die Menschen des verschlafenen 40 000-Einwohner-Städtchens, auch wenn heutige Zeitgenossen die damalige Illumination als bescheiden empfinden würden. Es war ein Anfang, auch für die Stadtwerke Osnabrück.

Genau genommen, hatte die Vertreibung der Dunkelheit schon 1804 begonnen, als in den Straßen von Osnabrück erste Tranlampen befestigt wurden. Deren Leuchtkraft war allerdings begrenzt. Denn mit solchen Funzeln, so notierte ein Zeitgenosse, erreichte man nicht viel mehr, " als die Finsternis erst recht deutlich zu machen".

Ein wenig heller wurde es ab 1835, als die Petroleumlampe aufkam. Aber erst das Gaslicht ließ in Osnabrück die Ahnung aufkommen, dass es auch nach Sonnenuntergang ein städtisches Leben gibt. Erste Gaslaternen hatten schon 1805 die Straßen von London erhellt. 20 Jahre später war im königlichen Hannover das Licht des Fortschritts aufgegangen.

In der Provinz dauerte es ein bisschen länger. Der Osnabrücker Magistrat beschloss am 17. Februar 1857, eine Gasanstalt in städtischer Regie zu errichten.

Eine wegweisende Entscheidung, wie Rolf Spilker vom Museum Industriekultur betont. Das zeigte sich Jahrzehnte später in anderen Städten, als private Gasanstalten mit privaten Elektrizitätswerken um ihre Monopole kämpften. In Dortmund habe es lähmende Querelen gegeben, berichtet Spilker. In Osnabrück nicht. Die Stadt lieferte Strom und Gas aus einer Hand, und die Netze wurden parallel ausgebaut.

Um Leuchtgas zu erzeugen, brauchte man Steinkohle, die in Retorten auf mehr als 1000 bis 1300 Grad Celsius erhitzt wurde. Bei diesem Prozess entweicht eine Mischung aus Wasserstoff, Methan und Kohlenmon-oxid, zurück bleibt Koks, ein poröser Brennstoff. Osnabrück verfügte zwar über die hochwertige Anthrazitkohle aus dem Piesberg, doch die war für die Entgasung nicht geeignet. Steinkohle aus dem Ruhrgebiet musste her, deshalb war es unabdingbar, das Gaswerk mit einem Gleisanschluss auszustatten. Der Magistrat entschied sich 1857 für ein Gelände hinter dem Hannoverschen Bahnhof. Noch heute ist das Areal Sitz der Stadtwerke. Der Expansion waren dort keine Grenzen gesetzt, weil die Stadt ja damals nur bis zur Hase reichte. Einen weiteren Vorteil hatten die Stadtväter ganz selbstverständlich ins Kalkül gezogen. Der vorherrschende Westwind trieb den Qualm und Gestank aufs Land, so dass die Stadt verschont wurde.

Was da an Emissionen aus den Schloten strömte, war reines Gift für Mensch und Natur. Aber darauf kam es 1858 noch nicht an, als die ersten fünf Öfen mit 21 Retorten in Betrieb gingen. 1250 Kubikmeter Gas konnte die Anlage täglich produzieren, das Rohrnetz kam auf eine Länge von 21, 7 km.

Diese Zahlen waren schnell überholt. Von Jahr zu Jahr erhöhte sich die Zahl der Gaslaternen, auch private Haushalte schlossen sich an. Schon bald war die Kokerei zu klein. Immer größere Öfen und Gasbehälter wurden errichtet. 1893 gab es Pläne für den Bau eines größeren Retortenhauses mit Kohlenschuppen, die aber erst einige Jahre später vom Magistrat genehmigt wurden.

Zwischenzeitlich hatte der Gasabsatz nämlich einen kleinen Dämpfer bekommen, weil amerikanische Konzerne billiges Öl für Petroleumlampen auf den Markt

brachten. Eine Erfindung des Österreichers Carl Auer von Welsbach kam dem Gaswerk jedoch zugute. Er konstruierte die Glühstrumpfleuchte, die den Gasverbrauch gegenüber dem halbkreisförmigen Schnittbrenner deutlich reduzierte.

Ohne Auers Erfindung, sagt Rolf Spilker vom Museum Industriekultur, " hätte sich die Elektrizität viel schneller durchgesetzt". Immer mehr Haushalte nutzten das Stadtgas nun auch zum Kochen und bald auch zum Heizen. Sogar gasbetriebene Bügeleisen kamen auf den Markt.

Gaslampen gehörten lange Zeit zum Stadtbild. Dieses Foto zeigt ein Hängeglühlicht an der Bierstraße.

Das Gaswerk war der erste Baustein für die Osnabrücker Stadtwerke, die 1890 auch das Wasserwerk und 1901 das Elektrizitätswerk in Betrieb nahmen. Die Kokerei an der Luisenstraße überstand - mit erheblichen Einbußen - den Zweiten Weltkrieg und produzierte Stadtgas bis in die Wirtschaftswunderzeit.

1963 begannen die Stadtwerke mit der Umstellung auf Erdgas. Es ist im Gegensatz zum Kokereigas ungiftig und besitzt einen doppelt so hohen Heizwert.

Mit dem Erdgas verschwanden die alten Gasleuchten, die über so viele Jahrzehnte zum Stadtbild von Osnabrück gehörten. Die letzte Gaslaterne wurde am 28. November 1969 am Liszthof demontiert
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert
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