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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Anwohnern stinkt's: Gießerei in Bedrängnis
Zwischenüberschrift:
Streit um Lärm, Staub und Erschütterungen - Betrieb steht schon länger als die benachbarten Häuser
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Kleinbild
Originaltext:
In direkter Nachbarschaft zum Wohngebiet: die Eisengießerei Borgelt an der Triftstraße in Eversburg.

Foto: Hermann Pentermann

Anwohnern stinkt' s: Gießerei in Bedrängnis

Streit um Lärm, Staub und Erschütterungen - Betrieb steht schon länger als die benachbarten Häuser

Von Marie-Luise Braun

OSNABRÜCK. In der Triftstraße stinkt' s. Metallisch, schwer und süßlich dringt der Duft in die Nase. Jeden Freitag ist Gießtag in der Eisengießerei Borgelt. Anwohner machen sich Sorgen um ihre Gesundheit. Das Gewerbeaufsichtsamt bestätigt überhöhte Immissionswerte.

Rarsten Adam wohnt seit 1999 mit seiner Lebensgefährtin direkt neben der Gießhalle. " Natürlich fragt man sich, was in der Luft ist, wenn bei Borgelt gegossen wird", sagt Adam und fügt hinzu: " Die gießen dort in Styroporkörper. Dabei entsteht Styrol." Styrol reizt Atemwege, Haut, Augen und Schleimhäute. Es steht im Verdacht, krebserregend zu sein.

Auch die Ablagerungen in seinem Garten betrachtet Adam mit Sorge: Auf den Pflanzen und auf den Fenstersimsen liegt metallischglitzernder Staub. Rarsten Adam glaubt, dass die Firma Borgelt nicht genug tut, um den Staub gering zu halten. So öffneten die Arbeiter die Dachluken an den Gießtagen, um frische Luft in die Halle zu lassen. " Und auch die Außentore stehen dann auf", beschwert er sich. Schon oft habe er die Firmeninhaberin Evelyn Borgelt gebeten, die Tore zu schließen.

Gestank und Staub sind noch nicht alles. " Es gibt hier immer wieder Erschütterungen", erzählt Karsten Adam und deutet auf Risse in der Hauswand: " Die sind dadurch entstanden." Zudem werde es an den Gießtagen unerträglich laut in der Halle - und auch in der Nachbarschaft.

Das Problem ist nicht neu. Schon in den 1980er-Jahren beklagten sich Anwohner über Staub, Gestank und Lärm durch die Firma Borgelt. Damals ergaben Messungen des Gewerbeaufsichtsamts, dass Grenzwerte nicht eingehalten wurden. 1988 installierte das Unternehmen deshalb eine Entstaubungsanlage.

Karsten Adam steht mit den aktuellen Beschwerden nicht allein. Gemeinsam mit einigen Nachbarn geht er gegen die Belästigungen durch die Firma vor. Seine Vermieterin Dr. Gitta Schanzenbach hat einen Anwalt eingeschaltet. In seinen Briefen an das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt listet er Verstöße gegen das Immissionsschutzgesetz auf und fordert die Behörde zum Einschreiten auf. Doch die Mitarbeiter reagierten zu langsam, kritisieren die Anwohner.

Evelyn Borgelt kennt die Vorwürfe ihrer Nachbarn, aber sie betont: " Wir liegen weit unter den gesetzlich festgelegten Richtwerten." Zudem halte der Betrieb die Auflagen ein. So stünden die Dachluken seit einiger Zeit nicht mehr offen, und ihre Mitarbeiter hätten Anweisung, die Tore geschlossen zu halten. Zudem sei die Entstaubungsanlage1988 schneller eingebaut worden, als es der Gesetzgeber verlangte: " Wir hätten dazu noch fünf Jahre Zeit gehabt", betont die Unternehmerin.

Dass die Produktion sauber abläuft, macht sie schon daran fest, dass keiner ihrer Mitarbeiter durch seine Tätigkeit gesundheitlich beeinträchtigt worden sei. Wodurch Erschütterungen entstehen, könne sie nicht genau sagen, doch sie vermutet: " Die Formen werden mit dem Presslufthammer geputzt."

Solange es keine Wohnsiedlung in der Nachbarschaft gab, störte sich niemand daran. Nach dem Rrieg ließ die Stadt aber zu, dass ringsum Häuser gebaut wurden. Bereits in den 1960er-Jahren gab es erste Pläne, die Gießerei in ein Gewerbegebiet umzusiedeln. Doch das sei aus Rostengründen nicht möglich gewesen, hug^ ffl^ fe haberin. " Auch heute ist dies finanziell für uns nicht machbar", fügt Evelyn Borgelt hinzu, die sich um den Fortbestand ihres Unternehmens sorgt.

Auch die Wirtschaftsförderung bestätigt, dass zurzeit keine Gespräche über eine Betriebsvcrlagerung stattfinden. In der aktuellen Auseinandersetzung um Lärm, Staub und Erschütterungen wundert sich die Inhaberin, dass keiner der Anwohner je das Gespräch mit ihr gesucht habe. Und sie vermutet: " Dass die Anwohner protestieren, mag vor allem daran liegen, dass ihre Häuser an Wert gewinnen, wenn unsere Firma nicht mehr hier ist."

Wegen der jüngsten Beschwerden ist die Gewerbeaufsicht nun aktiv geworden und hat ein ganzes Gutachten-Paket über die Firma Borgelt in Auftrag gegeben.

Erste Ergebnisse zeigen: " Es gibt Überschreitungen beim Lärm", sagt leiterin Gesche Saathoff-Schiche. Genaue Zahlen nennt sie nicht, doch sie betont, dass Handlungsbedarf bestehe und Maßnahmen zur Lärmminderung zu klären seien.

Außer der Lärmbelastung wird ermittelt, welche Grob-und Feinstaub-lmmissionen von der Gießerei ausgehen. Zudem muss Borgelt den Nachweis erbringen, ob bei Erschütterungen die Richtwerte eingehalten werden. Und: Die Gewerbeaufsicht kontrolliert, ob Fenster und Türen vorschriftsmäßig geschlossen sind. " Ist das nicht der Fall, werden Maßnahmen folgen", kündigt Saathoff-Schiche an.

Aktuell wird nicht untersucht, ob von dem Betrieb Styrol-Belastungen ausgehen. Dieser Stoff ist Bestandteil regelmäßiger Arbeitsplatzuntersuchungen. Dabei konnte bisher keine übermäßige Belastung festgestellt werden.

Und wie geht es weiter? Stellen sich bei den laufenden Untersuchungen Richtwertüberschreitungen heraus, werden der Firma Borgelt Maßnahmen auferlegt, um die vorgegebenen Werte einzuhalten.

Bis wann die Untersuchungen abgeschlossen sind - dazu will sich Saathoff-Schiche nicht äußern, aber sie hebt hervor: " Wir sind am Ball." Auch zur Zukunft des Unternehmens möchte sie sich nicht äußern, sie sagt jedoch vorsichtig: " Es gibt um die Firma herum keine glückliche Bauleitplanung."

" Betriebsverlagerung wäre finanziell nicht machbar"

Evelyn Borgelt, Firmeninhaberin

" Es gibt um die Firma herum keine glückliche Bauleitplanung"

Gesche Saathoff-Schiche, Gewerbeaufsichtsamt

Die Eisengießerei A. C. Borgelt

In der heutigen Firma für Eisengießerei und Modellbau werden hauptsächlich Gusskörper für Presswerkzeuge der Automobilindustrie gegossen. Verwendet werden sie für die Umformung von Blechen für Fahrzeugteile. Zu den Kunden gehört die Firma Karmann. Die wöchentliche Schmelzleistung der Gießerei Borgelt betragt 50 Tonnen. Verwendet werden dafür Gussbruch. Schrott. Koks und weitere Stoffe. Die Teile werden in der Regel freitags gegossen. Über das Wochenende kühlen sie aus. montags werden die Formen geöffnet, geleert und geputzt. Derzeit sind 19 Mitarbeiter in dem Unternehmen beschäftigt. Gegründet wurde es als .. A. C. Borgelt Eisengießerei und Maschinenbau" im Jahr 1913 von dem Ehepaar Anna und Stephan Borgelt an der Triftstraße 44. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen die Söhne Hans und Heinz Borgelt die Firma, anschließend führten Bernhard Borgelt und Bruno H. Wille die Geschäfte. Seit 1984 ist Evelyn Borgelt die Inhaberin der Eisengießerei. Im selben Jahr wurde die Firma mit einer umweltschonenden Entstaubungsanlage ausgerüstet.
Autor:
Marie-Luise Braun
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