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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Dem fernen Ziel einen Schritt näher
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40 Jahren Planung: Die A33 zwischen Osnabrück und Bielefeld schließt sich langsam, sehr langsam
Artikel:
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Originaltext:
OSNABRÜCK. Es geht nur um einen gut acht Kilometer kurzen Autobahnabschnitt. Er Ist außerdem 60 Kilometer von Osnabrück entfernt. Trotzdem ist der erste Spatenstich zum Bau dieses Wurmfortsatzes eine gute Nachricht für Osnabrück.

In der vergangenen Woche hat Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee den Spaten in einen Haufen Bielefelder Sand gestoßen: Damit begannen offiziell die Bauarbeiten für die A33 zwischen der A2 südlich von Bielefeld und dem Ostwestfalendamm, der nördlichen Umgehungsstraße Bielefelds. Wenn diese 7, 8 Kilometer 2010 fertig sind, bleibt Autofahrern auf dem Weg nach Süden der Weg durch Bielefeld-Senne erspart. Zeitgewinn: mindestens 20 Minuten. Aber das ist eher zweitrangig. Wichtig ist das Signal, das vom ersten Spatenstich ausgeht: Es geht weiter mit dem Bau der wichtigsten Verkehrsader von Osnabrück Richtung München. Vor allem die Spediteure in Osnabrück werden den Fortgang der Arbeiten mit Freude registrieren. Hellmann Worldwide Logistics zum Beispiel schickt täglich 20 bis 25 Lastwagen auf die Route Richtung Bielefeld.

Südlich von Dissen beginnt das verkehrstechnische Elend. Ende der Autobahn. Jetzt übernimmt die B68 den Verkehr und führt ihn an Dörfern und Wohngebieten vorbei und mitten durch die Kleinstadt Halle (lesen Sie dazu den Bericht unten auf der Seite).

Dissen hat diese Qual hinter sich. Als die A33 im Februar 2001 endlich fertig wurde, blühte die Stadt auf. Es stiegen die Lebensqualität und die Zahl der Gewerbesteuerzahler. Denn Unternehmen aus Ostwestfalen wie der Logistiker AMX Logistics siedelten nach Dissen um. Motto: Wenn die Autobahn nicht zu uns kommt, dann kommen wir zu ihr. Der Präsident der IHK-Ostwestfalen Lippe, Ortwin Goldbeck, sagte beim ersten Spatenstich in Bielefeld: " Ich kenne Unternehmen, die sich hier in den 70er-Jahren in Erwartung der A 33 angesiedelt haben, die inzwischen aber wieder fortgezogen sind."

20 000 bis 25 000 Fahrzuge quälen sich jeden Tag über die B68 in Halle und Steinhagen. In Bielefeld sind es 45 000 Autos. " Das hat Autobahncharakter", sagt Jens Kronsbein, in der Bezirksregierung Detmold für den Autobahnbau zuständig. Kronsbein blockt die Standardfrage gleich ab: " Fragen Sie nicht, wann die ganze Autobahn fertig ist. Ich habe noch nie Auskunft gegeben, wann das erste Auto rollt."

Kronsbein ist 38 Jahre alt und seit vier Jahren mit der A33 befasst. Er treibt eine Arbeit voran, die seine Vorgänger vor fast genau 40 Jahren mit ersten Festlegungen zur Trasse begonnen haben. Es ist eine Herkulesaufgabe, diese breite Schneise durch das dicht besiedelte und landschaftlich empfindliche Gebiet am Fuße des Teutoburger Waldes zu schlagen. Die Lücke der A33-Süd ist 27, 5 Kilometer lang. Sie wird in den kommenden Jahrzehnten in drei Schritten geschlossen.

Teil 1: Von der A 2 bis Brackwede. Hier wird seit einer Woche gebaut. Das Teilstück ist 7, 8 Kilometer lang und kostet 95, 4 Millionen Euro. Fertigstellung: 2010.

Teil 2: Bielefeld-Brackwede bis Halle. 7, 9 Kilometer, 90, 4 Millionen Euro. Der Planfeststellungsbeschluss ist am 6. Juni dieses Jahres ergangen. Der Plan wird im August öffentlich ausgelegt. Mit Klagen Betroffener ist zu rechnen. Bauzeit: drei Jahre. Baubeginn: ungewiss.

Teil 3: Halle bis Borgholzhausen. 11, 8 Kilometer, 124 Millionen Euro. Seit wenigen Monaten liegt eine neue, so genannte Konsenstrasse vor, auf die sich Umweltverbände und Planer geeinigt haben. Damit beginnt der Beteiligungsprozess von Neuem. Die 17 000 Einwendungen, die gegen die alte Trasse erhoben wurden, sind ungültig. A-33-Chefplaner Jens Kronsbein hofft, dass im vierten Quartal 2008 der Planfeststellungsbeschluss gefasst werden kann. Danach kann geklagt werden. Und nicht nur Kronsbein geht davon aus, dass ein jahrelangerStreit vor den Gerichten folgen wird. Fertig-Stellung: ungewiss.

Bildunterschrift: Lackschuh und Spaten: Polit-Prominenz aus Bund und Land startete vorige Woche symbolisch die A-33-Bauarbeiten in Bielefeld.

Foto: Teutopress
 
Lärm, Dreck und dicke Luft

90 Minuten an der B 68 in Halle

HALLE/ WESTFALEN. Kurz vor vier. Ein netter Plausch unter dem Sonnenschirm. Dazu Cappuccino, Kuchen oder Eis. Ein Hauch von Bella Italia weht über den Rochin-Platz im westfälischen Halle. Bei 26 Grad genießen die Menschen den Nachmittag. Siesta im Straßencafé, während die Kinder auf einem Denkmal herumklettern.

100 Meter weiter steht noch ein Denkmal. Vor dem Amtsgericht erinnert die Statue eines Feldwebels an die Opfer der Kriege gegen Frankreich. Ungerührt steht er da mit seiner Fahne in der Hand. Seit mehr als 100 Jahren. Den Blick geradeaus. Die endlose Blechkarawane, die sich auf der B 68 täglich an ihm vorbeischiebt, sieht er nicht. Will er nicht sehen.

Denn um ihn herum ist von der Idylle der Fußgängerzone nichts mehr zu spüren. Hier bestimmen ohrenbetäubender Lärm, Dreck und Autoabgase die Szenerie. Lange Straße heißt die B 68 auf diesem Abschnitt. Für Autofahrer, Lkw-Lenker und Fußgänger ist die 2, 2 Kilometer lange Strecke durch Halle vermutlich die längste Straße der Welt._ Motorengeräusche - mal surrend, mal donnernd - vereinen sich mit dem Zischen der Lkw-Bremsen zu einem brachialen Konzert, in dem die Fußgängerampeln den Takt angeben. Dass sich schnell ein dumpfer Schmerz unter die Schädeldecke setzt, verwundert nicht. Dazu ein merkwürdiges Drücken hinter dem rechten Auge. Jedesmal, wenn eine dicke Abgaswolke eines Brummis für Se-

" Eine Hälfte der Kundschaft ist für, die andere gegen die A 33"
Kfz-Melster aus Halle

kunden die Körpertemperatur ansteigen lässt, kommt der Herz-Kreislauf-Apparat ins Stolpern. Ein Tuch über Mund und Nase hält nur schlecht den beißenden Gestank zurück. Klimaerwärmung zum Anfassen.

Nicht nur bei den Menschen hinterlässt die B 68 ihre Spuren. Dreckige Hausfassaden, leer stehende Geschäftsräume und millimeterdicker Schmutz auf den Fensterscheiben. " Das ist eine Katastrophe", schimpft eine junge Mutter, die notgedrungen mit dem Kinderwagen ein Stück die Bundesstraße entlanggehen muss. Wie eine Narbe teilt die B 68 die Stadt. Dort, wo sie wohne, sei es schön. Mit Wiesen und Wäldern. Doch wer von dort ins Zentrum kommen will, muss Lärm und Smog in Kauf nehmen. " Die Autobahn muss auf jeden Fall kommen. Wo sie langläuft, darüber kann man sich ja streiten."

Statistisch gesehen, fährt jeder Haller jeden Tag einmal mit einem Auto über die B 68. 20000 Einwohner. 20000 Autos und Lkw täglich. Doch die meisten, die sich durch das Nadelöhr quälen, wissen nicht einmal, dass Halle auch schöne Ecken hat und dass man am Teutoburger Wald herrlich wandern kann. Waldesruh. Nicht an der B 68.

" Warten Sie mal noch ' ne Stunde. Dann wird' s noch heftiger." Der Mann lächelt tatsächlich, als er die tägliche Rushhour zum Feierabend ankündigt. " Gegen 17 Uhr ist es am schlimmsten. Draußen arbeiten geht gar nicht." Der Kfz-Mechaniker hat seinen Betrieb direkt an der Bundesstraße. Zusätzliche Kundschaft bringt ihm die nicht ein. Ob er für oder gegen die Autobahn ist, will er nicht sagen. " Die eine Hälfte der Kundschaft ist für, die andere gegen die A33. Ich will nicht, dass eine Hälfte wegbleibt."

Der junge Mann, der ein Stück weiter rauchend in seinem Garten sitzt, ist klar für die Autobahn. Kein Wunder. Er wohnt mit seiner Familie seit vier Jahren direkt an der Bundesstraße. " Ich habe da eigentlich keine Probleme mit. Und die Kinder schlafen nach hinten raus." Von der Terrasse geht sein Blick auf die Brummis von Rudi, Markus und Norbert, die stur hinter dem Steuer sitzen und über ihr geprägtes Namensschild glotzen. " Die Lkw sind das größte Problem. Da passen ja kaum zwei nebeneinander." Weder für die Kapitäne der Landstraße noch für Fußgänger auf dem schmalen Bürgersteig bedeutet das Spaß. Aber am Wochenende sind die Lkw ja zum Glück weg. " Dann ist es hier schön ruhig", sagt der Mann und guckt in seinen Garten. 30 Quadratmeter grüne Lunge. Vielleicht klingt der stetige Motorenlärm mit ganz viel Fantasie ja wie die Meeresbrandung am Sandstrand.

Bildunterschrift 1: Die Lange Straße in Halle: lang, aber nicht breit.

Bildunterschrift 2: Leben an der Straße: Szenen von der B 68 in Halle/ Westfalen, nachmittags um vier.

Fotos: Mirko Nordmann
Autor:
Wilfried Hinrichs, Mirko Nordmann


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