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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Überschrift:
Erfolgsbilanz für die Straßenbahn
Zwischenüberschrift:
Januar 1906: Oberbürgermeister lobt nach einem Jahr neues Verkehrsmittel
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Von Christina Keller

OSNABRÜCK. Im alten Jahr hatte Frau Holle das Bett noch einmal tüchtig aufgeschüttelt, und bis auf die üblichen " Hurra Rufe" kam das neue Jahr still an einem Sonntag in die Stadt. Die geplagtesten Menschen in diesen Tagen waren wie jedes Jahr die Postbeamten, die alle Hände voll zu tun hatten, um die zahlreichen Wunschkarten in die richtigen Hände gelangen zu lassen.

Im neuen Jahr wurde der weiße Phosphor zur Zündholzfabrikation verboten. Für die Arbeiter war das ein Segen, denn der Phosphor hatte sich als gesundheitsschädlich erwiesen. Ein neues Produktionsverfahren stammte von dem Forscher Gans. Das Gans' sche Zündsalzgemisch war an jeder Reibefläche entflammbar und setzte die Arbeiter keinerlei Gefahren aus. Der zweite " volkstümliche" Vortrag des Winters hatte " die moderne Antialkoholbewegung" zum Thema. Zwei Pastoren referierten und klärten über die Schäden von übermäßigem Alkoholkonsum auf.

Um die Belange und Sorgen der Menschen in Schinkel kümmerte sich vor 100 Jahren ein Verein: " die Vereinigung zur Wahrung der Interessen des östlichen Stadtviertels". Vorsitzender war der Werkzeugmeister Hunelt, und als Kassierer fungierte ein Kaufmann. Zum Vorstand gehörten ein Bäcker, ein Rentner, ein Gärtner und ein Schuhmachermeister. Im Januar wurde über Wegerechte verhandelt, und über die Eisenbahngleise auf der Buerschen Straße und an der Klues, deren Verlegung noch immer nicht ausgeführt waren.

Adolf-von-Menzel-Schau

Die langen Wartezeiten an den Bahngleisen führten weiter zu erheblicher Beeinträchtigung des öffentlichen Lebens. Dagegen wehrte sich der Verein. " Das östliche Stadtviertel kämpft für seine allerwichtigsten Entwickelungs- und Lebensbedingungen", hieß es.

Zufrieden hielt Oberbürgermeister Rißmüller in seiner Neujahrsansprache eine Lobrede auf die Osnabrücker Straßenbahn, die im Januar schon seit einem Jahr die Stadt durchquerte und von der Bevölkerung gern und oft benutzt wurde. Gewinn und Verlust wurden in der Tageszeitung abgedruckt zusammen mit der Bemerkung " so darf die Stadt mit der Entwickelung des Betriebes im ersten Jahr durchaus zufrieden sein".

Originalwerke und Zeichnungen von Adolf von Menzel stellte das Museum zu Beginn des Jahres 1907 aus. Zu den Exponaten gesellten sich im Laufe der Ausstellung noch verschiedene Werke des Meisters, die Privatleute spontan dem Dürerbund zur Verfügung stellten. Ende des Monats hielt ein Kunstexperte im Harmoniesaal einen Vortrag über den berühmten Maler.

Besorgnis drückte ein Artikel aus, der von der freiwilligen Auswanderung von Bauern aus der Region Damme berichtete. Nicht nur Kötter und Kleinbauern übersiedelten in den Raum Posen, sondern vermehrt auch Besitzer größerer Höfe. Ein Kolon hatte zum Jahresbeginn dort ein Gut für 95000 Mark erworben und zog mit allem Hab und Gut dorthin.

Vor 100 Jahren

In der Großen Straße stieß ein durchgegangenes Pferd, das einen Milchwagen zog, mit der Straßenbahn zusammen. Es erlitt einen Beinbruch. Das Pferd musste an Ort und Stelle getötet werden. Zahlreiche Kannen Milch ergossen sich auf die Hauptstraße. Der Straßenbahnwagen wurde nicht beschädigt, der Fahrer hatte das Unglück kommen sehen und seinen Wagen zum Stehen gebracht.

Ende Januar fiel das Thermometer rapide, und die eher milden Themperaturen wichen eisiger Kälte aus dem Osten.

Seit 1890 bestand das Gesetz, wonach jeglicher Gaststättenbetrieb zur Zeit des Hauptgottesdienstes zu ruhen hatte. Im Januar 1907 verkündete das Gericht in Osnabrück anlässlich eines Präzedenzfalles, dass der Aufenthalt von Gästen in Wirtschaften während des Hauptgottesdienstes an Sonn- und Festtagen " unmöglich die Entheiligung des Sonntages darstellen könne". Der Polizeibehörde wurde es jedoch freigestellt, reine Schnapsschänken mit Auflagen zu reglementieren, denn allenfalls der Genuss von Branntwein könne die Entheiligung des Sonntages zur Folge haben.

Unglück mit drei Toten

Ein Bahnunglück überschatte das Monatsende Mit dem Frühzug waren 30 Arbeiter aus Voxtrup nach Belm gefahren, dort aber zur falschen Seite ausgestiegen. Im selben Moment fuhr ein Gegenzug aus Vehrte an dem Zug vorbei, und die Lokomotive erfasste drei Arbeiter sofort. Die verunglückten Arbeiter hinterließen Familien mit unmündigen Kindern.
Eine Absperrung existierte nicht. So mussten die Arbeiter jeden Tag für den ungefährlichen Weg lange Umwege in Kauf nehmen, denn eine Unterführung auf die andere Gleisseite gab es nicht.

Die Bevölkerungsstatistik von 1906 lag schon Ende des Monats für Osnabrück vor. Die meisten Todesfälle waren auf Kinder unter einem Jahr entfallen. Brechdurchfälle, Darmkatarrh und Kinderkrankheiten aller Art gehörten zu den Hauptursachen der Kindersterblichkeit.

Zu Kaisers Geburtstag waren die Tageszeitungen voll von nationalistischen Reden. Gerade waren die Reichstagswahlen vorüber, und mancher patriotische Festredner erinnerte daran, " dass alle Kinder eines Volkes Söhne eines Vaterlandes sind", die Stämme also fest zusammenstehen sollten. Von weiblichen Kindern war nicht die Rede, denn es ging ausschließlich um säbelrasselndes Heldentum.

Das neue Bankgebäude des Barmer-Bank-Vereins an der Möserstraße wurde im Januar vor 100 Jahren seiner Bestimmung übergeben. Die Hausfront von 22 Meter Breite zeigte zwei Portale, eines führte in die Bank, das andere in die Privatwohnung des Bankdirektors. Dekoriert war der Neubau mit Kunststein aus den Piesberger Werken in der Farbe von natürlich rotem Sandstein.

Die Möserstraße vor knapp 100 Jahren. Rechts das neue Bankgebäude mit zwei Portalen.
Foto aus " Alt Osnabrück". Wenner. Band 2
Autor:
Christiana Keller


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