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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Die Sperrstunde für Biergärten bleibt bestehen
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"Ministerwunsch nicht umsetzbar"
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Originaltext:
Die Sperrstunde für Biergärten bleibt bestehen

" Ministerwunsch nicht umsetzbar"

Osnabrück Hilde Hesse (78) wohnt in der Innenstadt in der Nahe einer Kneipe mit Biergarten. " Dürfen die jetzt bis morgens um 3 Uhr draußen geöffnet haben?", sorgt sie sich um ihre Nachtruhe. 18-mal im Jahr soll dies nach dem Willen von Wirtschaftsminister Walter Hirche problemlos möglich sein. Rolf Elbracht, Leiter des Fachbereichs Bürger und Ordnung, gibt diesem Ministerwunsch nach Bayern-Kultur für Osnabrück allerdings keine Chance.

Für Biergartenbesucherklangen die Ministerworte wunderschön: An 18 Tagen im Jahr sollten Gastwirte ohne Formalien und Extra-Genehmigungen die Möglichkeit haben, ihren Biergarten in der Woche bis 2 Uhr und am Wochenende bis drei Uhr zu öffnen. Kein Ende um 22 Uhr, wie es bislang (zumindest bei Freiluftgaststätten in Wohngebieten) vorgeschrieben ist. In einem Schreiben hatten Minister Hirche und Umweltminister Hans-Heinrich Sander die Kommunen angewiesen, die " gesetzlichen Möglichkeiten" für längere Biergartenöffnungszeiten auszuschöpfen.

Ein Horror für Hilde Hesse und ihre Nachbarn. Mehrere ältere Menschen leben in dem Haus, dazu jüngere, die als Schichtarbeiter früh aus den Federn müssen. Bislang war im Biergarten nebenan abends um 22 Uhr (relativ) Ruhe, sieht man von den Autos ab, die zu nächtlicher Stunde dröhnend wegfahren. Doch was wird jetzt?

" Erlass widerspricht den Gesetzen"

Andreas Beuge vom niedersächsischen Wirtschaftsministerium verweist auf ein geändertes Freizeitverhalten der Menschen, dem per Ministererlass Rechnung getragen werden solle. Für ihn ist klar: Die Kommunen müssen das so umsetzen. Der Lärmpegel dürfe an 18 Tagen bis 2 oder 3 Uhr ausnahmsweise bei 55 dB (A) liegen, das " entspricht einem gepflegten Gespräch". Das sei den Anwohnern nachts zuzumuten. Auch der FDP-Landtagsabgeordnete Roland Zielke und der FDP-Fraktionsvorsitzende im Rat, Thomas Thiele, befürworten die längeren Trinkzeiten und sehen in der " 18-mal-im-Jahr-Regelung" einen " angemessenen Ausgleich zwischen den Wünschen von Wirten, Gästen und Anwohnern".

Rolf Elbracht vom Fachbereich Bürger und Ordnung will sich den Ministerworten " nicht entgegenstellen", sieht in dem Schreiben aus Hannover vom 22. April aber keinen Erlass, sondern lediglich " einen Hinweis, Kommunen, überlegt mal". Mit Blick auf bestehende Gesetze, die auch der Minister nicht außer Kraft setzen könne (siehe " Zur Sache"), werde man in Osnabrück allerdings bei der bewährten Regelung (in Wohngebieten ist um 22 Uhr Schluss) bleiben. In Oldenburg, so habe er erfahren, werde das ebenso gesehen.

" Wir haben in der Vergangenheit die Vorschriften nie restriktiv gehandhabt, jeden Einzelfall geprüft und Ausnahmen bei besonderen Anlässen genehmigt", so Elbracht. Zum Beispiel beim " Büdchenfest" auf dem Westerberg. Man beachte bei den Sperrzeiten auch die Lage der Open-Air-Gaststätte.

Abseits von Gesetzen sieht er auch praktische Probleme, den Ministerwunsch umzusetzen. Wie solle denn ein Gastwirt sicherstellen, dass die Gäste nicht lauter als " gepflegt" sprechen? Und wer solle die Lautstärke bei Beschwerden (mit einem Messgerät) dokumentieren, wenn nach Ministerwunsch die längere Öffnungszeit nicht einmal vorab angezeigt werden müsse? Am nächsten Tag sei der nächtliche Lärm nicht mehr objektiv zu beweisen.

" Wir halten das Ruhebedürfnis der Anwohner für schützenswert", stellt Elbracht klar. Denn zum im Laufe der Nacht normalerweise ansteigenden Lärmpegel der Gäste komme ja auch noch deren Abfahrt, das Gläsereinsammeln und das Stühlerücken. Das habe der Minister wohl nicht bedacht.

Zur Sache: Die Gesetze

Das Gaststättengesetz (des Bundes) schützt Anwohner vor Belästigungen. Grundlage ist die Technische Anleitung (TA) Lärm, die in reinen Wohngebieten bis 22 Uhr 55 dB (A) Lärm erlaubt, danach nur noch 40. Femer gibt es die " Freizeitlärm-Richtline Niedersachsen". Die besagt, dass für " seltene Ereignisse" die Sperrzeit um eine Stunde auf 23 Uhr verlängert und damit auch der Lärmpegel erhöht werden darf. Beispiel: die Maiwoche. Maximal 18-mal im Jahr darf eine Ausnahme erteilt werden. Gaststätten mit Außenbewirtschaftung stehen nicht in dieser Richtlinie. Nach Ansicht der Stadt kann für sie die 18-Tage-Regelung deshalb nicht gelten. Der Minister ist anderer Meinung.

Jede Gaststättenkonzession (in der auch die Sperrzeiten verbindlich aufgelistet sind) ist bindend, sagt die Stadt. Kein Biergarten dürfe mit Bezug auf das Ministerschreiben länger öffnen.

Biergärten

Nur Theorie

Von Beate Dammermann

Was sich Minister Hirche da in Sachen Biergartenkultur ausgedacht hat, klingt toll. Wer säße nicht gern in lauen Sommernächten bis spät in die Nacht gemütlich im Biergarten oder Straßencafe? Um 22 Uhr würden nicht die Gläser eingesammelt, gingen nicht die Lichter aus, man müsste nicht hinein in die stickige Kneipe.

Auf der Außenterrasse vor dem Hannoverschen Landtag (weit ab jeder Wohnbebauung) bei einem zünftigen Bierchen trug der Minister seine Pläne vor, und alle FDP-Mandatsträger applaudieren in Pressemitteilungen und fordern " 18-mal bis 3 Uhr" auch in ihrer Stadt.

So weit die Theorie der Liberalen, die wahrscheinlich nicht in Vierteln wohnen und schlafen, in denen es laut zugeht. Wie wollen die denn sicherstellen, dass Lachen und Gläserklirren nicht lauter werden, als der zulässige Lärmpegel eines " gepflegten Gespräches"?

Wer auf seinem Miet-Balkon grillen will, darf dies, wenn überhaupt vom Vermieter erlaubt, nur wenige Male im Jahr. Wer die private Fete in der Wohnung feiert, muss ab 22 Uhr Zimmerlautstärke einhalten. Immer wieder höchstrichterlich festgesetzt zum Schutz der Nachbarn vor Lärm und Geruch.

Nun sollen Biergärten formlos 18-mal im Jahr bis 3 Uhr geöffnet haben dürfen? Ohne ausreichende Mittel, den Lärm zu stoppen? Gut, dass das Osnabrücker Ordnungsamt dem, in reinen Wohngebieten, wohlgemerkt, nicht zustimmt.

FÜR BIERGÄRTEN in Wohngebieten ist in Osnabrück auch weiterhin um 22 Uhr Schluss.

Foto: Uwe Lewandowski
Autor:
d.


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