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Sie helfen dem Storch auf die Schwingen
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Krank, verletzt, verstümmelt: Betreuungsstation in Hellern kuriert Störche und andere Tiere
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Originaltext:
Sie helfen dem Storch auf die Schwingen

Krank, verletzt, verstümmelt: Betreuungsstation in Hellern kuriert Störche und andere Tiere

Von Julia Gottschick

Osnabrück

Störche leben gefährlich. Nicht selten kollidieren die seltenen Vögel mit Autobahnschildern, prallen gegen Führerhäuser, reißen sich an Antennen die Füße blutig, bleiben mit ihren Markierungsringen an Zäunen hängen - oder verfangen sich in Angelschnüren. Ach, wird der eine oder andre abwinken, ist doch natürliche Auslese. " Doch weit gefehlt", regt sich Wolfgang Herkt über derlei Ausreden auf. " Die Gefahren sind alle vom Menschen gemacht."

Nicht von ungefähr sieht sich der Osnabrücker seit gut 40 Jahren in der Pflicht, gefiederten Freunden in der Not beizuspringen. Seit 1963 päppelt er auf seinem Anwesen ehrenamtlich Störche, Greifvögel und Eulen auf, um sie später gestärkt wieder auszuwildern. Etwa 70 Tiere hat er derzeit unter seiner Obhut, und es werden immer mehr. " Ob Polizei, Feuerwehr oder Privatleute: Viele bringen uns verletzte oder kranke Tiere vorbei", erzählt Herkt. Vor allem aus Niedersachsen, aber auch aus dem Kreis Steinfurt stammen die Pfleglinge.

Auch das letzte Wochenende war turbulent. " Feder", ein Jungstorch mit ernster Lungenentzündung, nahm seinen Namen wohl allzu wörtlich und die Schwingen untern Arm. " Krankes Tier entflogen", bat der Storchenvater die Öffentlichkeit um Mithilfe. Zwei Tage lang blieb der geschwächte Ausreißer verschwunden. " Dabei", war sich Herkt sicher, " schafft er nie und nimmer den Flug ins Winterquartier - so wie seine Artgenossen."

Sonntagabend endlich Entwarnung. Feder hatte sich am nahen Attersee einer Camperfamilie mit Kindern angeschlossen. Die hielten ihn bei Laune, bis Herkt eintraf. Er habe lediglich rufen müssen, schmunzelt der 63-Jährige, schon sei " Feder" auf ihn zugeflogen.

Zu zahm für die freie Wildbahn? " Schon", bestätigt der Fachmann. Bis ins kommende Jahr, wenn Feder tatsächlich gen Süden startet, soll er sich sein allzu großes Zutrauen zum Menschen möglichst abgewöhnt haben.

Wie der Jungstorch überhaupt ausbüxen konnte? Ein Artgenosse lenkte alle Aufmerksamkeit auf sich. Der hatte sich mit einer Angelschnur den Fuß abgeschnürt und die meiste Zeit im Flug überbrückt - was Wolfgang Herkts Tochter Birge auf den Plan rief. Eine ausgebildete Tierärztin, die über Störche promoviert hat. Der Wildvogel habe auf einem Bein nicht stelzen, geschweige denn Nahrung aufpicken können. So wurde er angefüttert und ihm dann ein Köder mit Betäubungsmittel verabreicht.

Eineinhalb Stunden dauerte die Operation, in der Dr. Birge Herkt ein defektes Blutgefäß flickte. " Fast schwarz", erzählt die 39-Jährige, sei der Fuß gewesen, den man " grade noch so" habe retten können. Dramatische Geschichten aus der Storchenstation - und doch häufig mit Happy End.

Feder etwa stakste gestern schon wieder munter, wenn auch sichtlich schuldbewusst, durch den Vorgarten. Sein Kumpan hingegen bekommt nun jeden Tag einen frischen Verband. Bis jetzt läuft die Heilung bestens: Der Patient belastet das kranke Bein schon wieder wie ein gesundes.

Ihr ehrenamtliches Engagement schärft für Vater und Tochter Herkt sicherlich auch die Kritikfähigkeit: " Mitgefühl für andre Menschen ist heute für viele selbstverständlich", glaubt der Storchenvater, der sich indes etwas mehr davon auch Tieren gegenüber wünschen würde. Häufig reiche es schon, nicht die Augen zu verschließen, " wenn es einem Mitgeschöpf dreckig geht, um dann rechtzeitig die richtigen Stellen zu informieren".

VERBANDWECHSEL AUF DER GRÜNEN WIESE: Die Tierschützer Wolfgang und Dr. Birge Herkt mit einem ihrer gefiederten Patienten in der Betreuungsstation in Hellern. Foto: Jürgen Peperhowe
Autor:
Julia Gottschick


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