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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Der Spagat zwischen Abwanderung und Rückzug
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Große Lücken in den Neubaugebieten Osnabrücks - Eine Bestandsaufnahme der Stadtplanung - Pro und kontra neue Baugebiete
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Originaltext:
Der Spagat zwischen Abwandrung und Rückzug

Große Lücken in den Neubaugebieten Osnabrücks - Eine Bestandsaufnahme der Stadtplanung

Von Anne Reinert und Kristina Löpker

Osnabrück

Eine platte, schneebedeckte Fläche zieht sich entlang der A 33. Eisiger Wind mischt sich pfeifend in das stete Rauschen der Autos. Nur eine asphaltierte Straße durchschneidet das weite Gelände, an dessen Ende ein einsames Haus emporragt. Wie hier in Voxtrup klaffen in Osnabrück große Baulücken - dennoch werden immer mehr Neubauflächen ausgewiesen. Lohnt sich das überhaupt?

Ein Jahr nach Erschließungsbeginn des Neubaugebiets am Mühlenkamp in Voxtrup stehen erst drei von rund 80 geplanten Häusern, zwei sind im Bau. Die Vermarktung des umstrittenen Bauareals geht schleppend voran. Genau wie am Grieseling in Hellern. Auch hier soll eine Wohnsiedlung entstehen. Rund 85 Häuser können auf dem noch leeren Acker gebaut werden. Bauherren sind die evangelischen Stiftungen und private Investoren. Bei einem Informationsabend im Dezember zeigten sich allerdings nur wenige Familien an dem Angebot interessiert.

" Ein Hemmnis ist möglicherweise die Erbpacht", gibt Eckhard Fasold von der Evangelischen Stiftungen zu, " obwohl der Preis von 5, 50 Euro pro Quadratmeter der niedrigste ist, der in Osnabrück angeboten wird".

Architektin Martina Tanger-Jandeck macht sich keine Sorgen. Acht Häuser seien bisher verkauft worden, sagt sie. " Das ist völlig normal." Schließlich brauchten mögliche Käufer für ihre Entscheidung etwas Zeit.

Seit 2000 hat die Stadt jährlich zwischen 283 und 339 Baugenehmigungen für Wohngebäude erteilt. Dem gegenüber steht ein Angebot

1 000 Wegzüge in zwei Jahren

von 2 632 Grundstücken, die im Internet angeboten werden. Offensichtlich ein Überangebot in Zeiten, in denen die Stadt einen Bevölkerungsrückgang verzeichnet. Allein in den Jahren 2004 und 2005 zogen fast 1 000 Einwohner weg - viele wanderten in den Landkreis ab, wo Bauland günstiger ist.

Dem Flächennutzungsplan von 2001 liegt jedoch eine Bevölkerungsstagnation zu Grunde. Franz Schürings, Fachbereichsleiter Städtebau, erklärt: " Wir gehen von einer stagnierenden Entwicklung aus, da wir durch Ausweisung von neuem Bauland die Voraussetzungschaffen, dass wieder Menschenzuwandern."

Der Flächennutzungsplan geht von einem steigenden Bedarf an Wohnfläche aus. Man bezieht sich auf geänderte Wohnansprüche in den vergangenen 20 Jahren. " Die durchschnittliche Wohnfläche je Einwohner betrug 1978 noch 28 Quadratmeter, mittlerweile liegt sie bei 41 Quadratmeter", heißt es. Außerdem bewohnten immer weniger Menschen eine Wohnung.

Die Stadtplaner gehen davon aus, dass bis 2010 rund 1 000 neue Wohnungen gebaut werden müssten, um die Einwohnerzahl zu halten. Die Hälfte davon soll in altem Bestand durch Aus- und Umbauten umgesetzt werden. So müssten 500 Wohnungen in Neubaugebieten entstehen, was einer Fläche von 250 Hektar entspricht. " Wir haben weniger Fläche ausgewiesen, als in der Prognose veranschlagt wird", so Franz Schürings. Dass viele Flächen Lücken aufwiesen, sei normal. " Baugebiete laufen nicht von heute auf morgen zu. Dort, wo Lage und Preis stimmen, geht es schneller." Dr. Norbert de Lange vom Fachbereich Geografie der Universität Osnabrück benennt Trends, dass bestimmte Alters- und Einkommensgruppen zurück in die Stadt kommen. In erster Linie seien das jedoch ältere Menschen oder die jüngeren, die aus dem Elternhaus auszögen. Der Trend der Städte gehe bereits dorthin, Baulücken im Zentrum zu schließen und alte Flächen für Wohnraum umzugestalten.

Junge Menschen mit dem Wunsch nach Kindern und Häuschen dagegen ziehe es oft ins Umland - nicht zuletzt aus Kostengründen. Diesen Familien solle die Stadt Alternativen bieten. " Die Stadt könnte Wohnbebauung planen, um junge Familien ganz bewusst heranzuziehen."

Zurückhaltung wegen der A 33

Momentan bleiben sie aber noch aus. Auch am Mühlenkamp, wo der Quadratmeterpreis ab 139 Euro mit dem Umland durchaus konkurrieren kann. Das Manko ist die nahe Autobahn. Diejenigen, die dort bereits gebaut haben, stört das nicht. " Der Geräuschpegel ist in Ordnung", sagt ein Anwohner. Dass es um ihn herum leer ist, stört ihn nicht. " So schaue ich wenigstens auf weites Land statt auf Häuser." Dennoch fände auch er es schön, wenn die Siedlung irgendwann einmal komplett wäre.

EINZIGES HAUS AUF WEITER FLUR: Wie hier in Voxtrup geht die Bebauung in vielen neu erschlossenen Gebieten nur zögerlich voran. Fotos: Jörn Martens

AM TULPENPFAD WIRD GEBAUT: Auch in Hellern sind noch große Lücken, doch hier sind viele Grundstücke bereits verkauft, und die Bauarbeiten haben begonnen.

Politik pro und kontra neue Baugebiete

Skepsis und Optimismus: In den Ratsfraktionen gehen die Meinungen auseinander

Von Anne Reinert

Osnabrück

Ist das Einfamilienhaus am Stadtrand noch zeitgemäß? Oder sollte sich die Stadtplanung mehr Gedanken um urbanes Wohnen machen? Darüber gehen die Meinungen in der Politik auseinander.

Boris Pistorius, OB-Kandidat der SPD, hält es für nötig, Alternativen für städtisches Wohnen zu schaffen. " Selbstverständlich" lohne es sich, neue Baugebiete auszuschreiben, denn es müsse alles getan werden, um junge Familien in der Stadt zu halten. Es gebe zudem " eine erkennbare Tendenz, zurück in die Stadt zu ziehen". Das gelte vor allem für Ältere, die die Nähe von Kulturangeboten suchten, oder für Pendler, die Kosten sparen wollten. Deshalb hält Pistorius es für sinnvoll, auch kleinere Wohnungen wie die am Jahn-Carrèe zu bauen. Auch Flächenrecycling sei eine Alternative.

In den Fraktionen des Stadtrats gehen die Meinungen auseinander, wie eine Umfrage unserer Zeitung bei den Fraktionsvorsitzenden zeigt. " Angebote für urbanes Wohnen zu schaffen", statt immer neue Baugebiete auszuschreiben, fordert Michael Hagedorn. Zum Teil würden Baugebiete " ohne Sinn und Verstand ausgewiesen", kritisiert der Fraktionsvorsitzende der Grünen. Am Tulpenpfad in Hellern etwa sollten keine Häuser stehen, weil das Areal wichtig für den grünen Finger der Stadt sei. Hagedorn verweist außerdem darauf, dass die Erschließung eines Baugebietes teuer sei. Es müssten Straßen gebaut und Kanäle gelegt werden.

Skeptisch ist auch SPD-Fraktionschef Ulrich Hus. Derzeit gebe es zwar einen Bedarf an Wohnflächen für junge Familien, " aber die Gesellschaft wird älter". Deshalb werde es in Zukunft Häuser geben, die frei und nicht wieder bezogen würden. Beispielhaft nennt er sein eigenes Haus, in dem er mit seiner Frau lebt. Seine erwachsenen Kinder, die längst ausgezogen seien, würden das Haus später wohl nicht übernehmen.

Vertreter von CDU und FDP zeigen sich dagegen optimistisch gestimmt und setzen darauf, dass vor allem junge Familien durch die Angebote in der Stadt gehalten werden. " Es lohnt sich auf jeden Fall", sagt Anette Meyer zu Strohen, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU und Vorsitzende im Stadtentwicklungsausschuss. Deutlicher drückt sich Dr. Thomas Thiele, Fraktionsvorsitzender der FDP, aus: " Es wäre fatal, keine Baugrundstücke auszuweisen."

Thiele sieht vor allem bei den 25- bis 45-Jährigen einen Bedarf an Einfamilienhäusern. Er schätzt, dass rund die Hälfte der Stadtbevölkerung In die entsprechende Altersklasse gehöre. Tatsächlich verzeichnet die Statistik des Einwohnermeldeamtes rund 36 000 Menschen zwischen 25 und 40 Jahren in Osnabrück. Der demografische Wandel macht weder Thiele noch Meyer zu Strohen Sorgen. Die CDU-Frau pocht darauf, dass " wir nicht jetzt planen können, was in 15 Jahren ist".

Zur Sache

Zahlen & Daten

Bauanträge: In den vergangenen 20 Jahren gab es in Osnabrück jährlich zwischen 283 und 420 Baugenehmigungen für Häuser. Aus- und Umbauten einzelner Wohnungen lagen zwischen 315 und etwa 800 pro Jahr. 1984 gab es in Osnabrück einen kleinen Bauboom mit 427 genehmigten neuen Wohngebäuden und mehr als 1 000 Wohnungsneubauten. Auch in den Jahren 1991 bis 1994 wurden jährlich mehr als 1000 Wohnungen ausgebaut. Dann sank die Zahl wieder auf knapp über 420 Wohnungsausbauten im Jahr 2004. Baupreise in Osnabrück: Zurzeit sind 59 Baugebiete mit insgesamt 2 632 noch freien Wohneinheiten ausgeschrieben. Die Preise liegen zwischen 125 Euro pro Quadratmeter (Schinkel) und 350 Euro pro Quadratmeter (Westerberg).

Baupreise im Umland: Die günstigsten Quadratmeterpreise liegen bei rund 70 Euro in Glandorf. Etwas teurer wird es in Wallenhorst, GMHütte und Bad Iburg mit Quadratmeterpreisen zwischen 100 und 200 Euro.

BORIS PISTORIUS

MICHAEL HAGEDORN

ULRICH HUS

ANETTE MEYER ZU STROHEN

THOMAS THIELE
Autor:
Anne Reinert


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