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Lokführer starb in der Sommerhitze - Die Blutlaus grassierte
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August 1904: Wetterkapriolen, Stuckateure forderten Stundenlohn von 55 Pfennigen, das Carolinum feierte 1100-jähriges Bestehen
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Originaltext:
Lokführer starb in der Sommerhitze - Die Blutlaus grassierte

August 1904: Wetterkapriolen, Stuckateure forderten Stundenlohn von 55 Pfennigen, das Carolinum feierte 1100-jähriges Bestehen

Von Christiana Keller

Eine Razzia muss her", schrieben verzweifelte Gartenfreunde in diesem Sommer an das Tageblatt. Nur durch das konsequente Durchgreifen des Magistrates erhofften sie, ihre Böume retten zu können. Wovor? Die gemeine Blutlaus grassierte und fraß im Sommer 1904 alle Bäume zuschanden, genauso wie in Hamm und in großen Teilen des Rheinlandes.

Zwar bekämpften die Gartenbesitzer die Läuse mit verdünntem Petroleum und mit Carbolineum selbst, aber nachlässige Nachbarn ließen die Tiere leben, und sie befielen die gereinigten Gehölze wieder aufs Neue. Besonders die neu eingeführten Apfelsorten litten unter dem Befall. Ältere Obstbäume wie der Gravensteiner waren resistent.

Allgemeine Anteilnahme fand der Tod eines Lokomotivführers, den während der Fahrt in den Bahnhof Lotte der Schlag getroffen hatte. Pastor Weidner machte in seiner Grabrede darauf aufmerksam, welchen enormen Strapazen Lokomotivführer und Heizer bei solch tropischer Hitze ausgesetzt seien.

Der August vor 100 Jahren war sehr trocken, sonnig, manchmal bewölkt, meist schwül und tropisch-heiß mit ständiger Gewitterneigung. Schon jetzt prophezeiten Naturkenner einen nassen Herbst, denn die Wespen vermieden jede Art von Erdhöhlen und bauten ihre Nester in Mauern und auf Bäumen.

DIE HEBAMMEN-LEHRANSTALT an der Knollstraße wurde im August 1904 eingeweiht.

Einen großen Neubau plante die " Chemische Wäscherei und Dampfschönfärberei" Croon am Nonnenpfad auf dem Gelände der ehemaligen Holzhandlung Beckmann. Die begonnenen Umfassungsmauern dehnten sich über das ganze Grundstück aus. Und die Provinzial-Hebammen-Lehranstalt in der Knollstraße wurde Ende August vor 100 Jahren eingeweiht. Das vorhergehende Provisorium an der Schillerstraße konnte endlich aufgegeben werden.

Kaiser telegrafierte von Wilhelmshöhe

Das lang erwartete Fest des Carolinums begann an einem Mittwoch mit dem Umzug der Schüler und Lehrer durch die Stadt, wofür der Wochenmarkt verlegt werden musste und die Fuhrleute Umwegstrecken vorgeschrieben bekamen. An allen Häusern wehten bunte Fahnen. Im Bahnhof gab es einen speziellen Informationsstand, bei dem sich Anreisende über Unterkunft und alle Festorte in der Stadt orientieren konnten.

Die Gästeliste war illuster und lang, " aus aller Welt" reisten Ehemalige und Interessierte an. Besitzer einer " Vollkarte" der Festlichkeiten wurden mit Namen, Titel, Beruf und Wohnort in der Zeitung erwähnt, so Bischof Bitter aus Stockholm. Geistliche, Lehrer und Beamte, Juristen und Ärzte nahmen an den Feiern teil. Die Festgemeinde versandte Telegramme an den Papst, an den Kultusminister und an Kaiser Wilhelm, der von seinem Sommersitz Wilhelmshöhe bei Kassel zurücktelegrafierte.

Auch das Sommerfest des Ratsgymnasiums fand volkreich auf dem Schützenhof statt, wer immer Interesse an der Schule hatte, durfte sich eingeladen fühlen. Hunderte machten davon Gebrauch und erlebten einen bunten, fröhlichen Nachmittag.

Die hiesigen Stuckateure, Bildhauergehilfen und Verputzer traten in einen 14-tägigen Ausstand, sie verlangten eine Arbeitszeit von nur zehn Stunden und einen Stundenlohn von 55 Pfennig statt der bisherigen 50 Pfennig. Wie zuvor der Tischlerstreik verlief auch dieser ergebnislos. Ohne Veränderungen gingen die Arbeiter wieder zu den Baustellen. Die Streikinitiatoren aber wurden entlassen.

Zwischen dem JohannisKirchhof und dem Tivoli hatte die Stadt an der Iburger Straße die neue Gasleitung verlegt. Die Laternenpfähle standen bereit, nur die Lampen fehlten noch. Das merkten zahlreiche Nachtschwärmer, die in der Dunkelheit " unliebsame Begegnungen" mit den Pfählen machten, wie es in der blumigen Sprache der Zeit berichtet wurde.
Autor:
Christiana Keller


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