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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Überschrift:
Center am Neumarkt: Gutachter sagen "Ja, aber ..."
 
Die Innenstadt verleirt Zugkraft
 
Das wäre wie ein Umbau der Stadt
Zwischenüberschrift:
Mit Einkaufszentrum "günstigere Entwicklungsperspektiven" - Aber in der City würde fast alles anders werden
 
"Mittelmaß sollte nicht Maßstab sein"
 
"Umsatzverluste von sieben Prozent"
Artikel:
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Originaltext:
Center am Neumarkt: Gutachter sagen, " Ja, aber..."

Mit Einkaufszentrum " günstigere Entwicklungsperspektiven" - Aber in der City würde fast alles anders werden

Von Wilfried Hinrichs

Osnabrück

Das mit Spannung erwartete Gutachten über die Folgen eines großen Einkaufszentrums am Neumarkt wird den Politikern die Entscheidung kaum leichter machen.

Die Experten kommen zu dem Ergebnis, dass die Innenstadt mit einem Center eine deutlich " günstigere Entwicklungsperspektive" hätte und geben ein Warnsignal: Ohne Center drohe die City bis 2008 / 2009 an regionaler Bedeutung als Handelszentrum zu verlieren. Doch die Folgen eines Shopping-Centers wären erheblich. Es würde grob gerechnet zu einer Umsatzverschiebung von etwa sieben Prozent und damit manchen Gewerbetreibenden in den Ruin führen. Die heutigen B-und C-Lagen würden veröden. Das neue Schwergewicht am Neumarkt würde die Kundenströme vollständig umlenken. Vor allem aber: Ein Center sei nur möglich, wenn der Neumarkt zu einem attraktiven Platz umgestaltet wird.

Die Lage

Die Innenstadt verliert Zugkraft

" Mittelmaß sollte nicht Maßstab sein"

Fazit der Gutachter: " Insgesamt ergibt sich ein zwar differenziertes Bild des Einkaufsstandortes Osnabrück, das jedoch im Grundsatz auf eine kritische Lage der Innenstadt hindeutet."

Das Lübecker Marktforschungsunternehmen CIMA hat zu Anfang den Einzelhandelsstandort Osnabrück untersucht. Grundlage bildeten unter anderem Befragungen von 601 Passanten, 800 Telefoninterviews, Messung von Kundenströmen und Expertengespräche.

Die Kennzahlen: 328 500 Quadratmeter Verkaufsfläche gibt es zurzeit in der gesamten Stadt. Davon liegen 34 Prozent (111 000 qm) in der Innenstadt. Das ist wenig. Nach Angaben der Gutachter braucht eine Innenstadt einen Anteil an der Gesamtverkaufsfläche von mindestens 40 Prozent, um eine " ausreichende kritische Angebotsmasse" zu haben. Mehr Geschäfte, mehr Anziehungskraft: Das ist die einfache Formel. Mit dem Bau von Ikea und Hornbach werden Außenlagen gestärkt, die Kamp-Promenade wirkt dem entgegen. Der Umsatz des Osnabrücker Einzelhandels erreicht 1, 196 Milliarden Euro im Jahr. Davon kommen 690 Millionen aus dem Stadtgebiet, 506 Millionen aus dem Umland. Im weiteren Einzugsbereich Osnabrücks leben eine Million Menschen, die eine Kaufkraft von 5, 3 Milliarden Euro besitzen.

Für die Experten ist ein Begriff von großer Bedeutung: die Handelszentralität, die in einer Prozentzahl ausgedrückt wird. 100 Prozent sagen aus, dass die vorhandene Kaufkraft rein rechnerisch in der Stadt bleibt. Osnabrück erreicht mit 140 Prozent einen für Städte dieser Größe unauffälligen Wert, der seit Jahren aber stagniert. Die Zentralität der Innenstadt ist mit 48 Prozent aber relativ gering. Darin zeigt sich die hohe Anziehungskraft der Einkaufszentren am Stadtrand, in Belm und Wallenhorst.

A-, B- und C-Lagen: Osnabrück ist gekennzeichnet durch eine große Diskrepanz zwischen der A-Lage an der Großen Straße (zwischen Neumarkt und L+ T) und den B- und C-Lagen. In diesen Lagen sind Leerstände auffällig, die Mieten relativ niedrig.

Wettbewerbsfähigkeit: 32, 9 Prozent der Geschäfte in der City sind bestens für den Wettbewerb gerüstet, 59, 1 Prozent sind mittelmäßig wettbewerbsfähig. Acht Prozent müssen kurzfristig reagieren, um am Markt zu bleiben. Zwei Drittel der Betriebe mit normaler Wettbewerbsfähigkeit: kein gutes Ergebnis. Denn " Mittelmaß sollte nicht als Maßstab gelten", heißt es im Gutachten. Nur die Hälfte

Großes Lob für Parkangebot

der Geschäfte wird in Konzeption und Präsentation als " modern und zeitgemäß" eingestuft. Auch das ist für eine Stadt, die ausstrahlen will, zu wenig.

Meinungen: Die Haushaltsbefragung ergab, dass jeder zweite Osnabrücker mehr Sortimente und Waren fordert - eine " hohe Quote der Unzufriedenen". Sehr gute Noten gibt es für das Parken. Zwei Drittel gaben an, nie Probleme bei der Parkplatzsuche zu haben.

Unterm Strich: Die Kaufkraftströme in die Innenstadt werden geringer. Die Bindung der Menschen aus Stadt und Region an den Einkaufsort Osnabrück ist relativ gering. Es gibt einen hohen Anteil an variabler Kaufkraft in der Region, um die Osnabrück mit den umliegenden Klein- und Großstädten konkurriert.

Die Zukunft?

Das wäre wie ein Umbau der Stadt

" Umsatzverluste von sieben Prozent"

Fazit der Gutachter: " Die Entwicklungsperspektive der Innenstadt ist mit Center am Neumarkt in Bezug auf Positionierung und Angebotsstärkung günstiger einzuschätzen als ohne Center."

Der Neumarkt ist nach dem Urteil der Gutachter eine " städtebauliche Baustelle". Hier muss etwas passieren - vor allem, wenn ein Center gebaut wird. Im heutigen Zustand sei der Neumarkt eine zu hohe Barriere für die Passanten. Das Center würde ein Eigenleben führen.

Die Gutachter untersuchten die Auswirkungen eines kleinen Centers mit 15 000 qm Verkaufsfläche und eines großen mit 25 000 qm, wie von ECE geplant. Ein kleines Center würde einen Umsatz von 61 Millionen Euro im Jahr erwirtschaften, ein großes etwa 100 Millionen Euro.

Was spricht für ein Einkaufszentrum?

Ein kleines Center würde zusätzliche Kaufkraft von knapp 20 Millionen Euro aus dem Umland in die Stadt ziehen, ein großes Center sogar 39 Millionen Euro. Osnabrück würde seine Zentralität von 140 Prozent auf 145 Prozent erhöhen und sich im Wettstreit mit den Mittel-und Großstädten im Umkreis von einer Autostunde einen Vorteil verschaffen. Die Gutachter weisen drauf hin, dass manche Projektentwickler auf Städte in der Größenordnung von Ibbenbüren oder Cloppenburg schielen. Wenn dort Center gebaut würden, wären die dort lebenden Menschen als Kunden für Osnabrück verloren.

Bis zu 28 000 Besucher werden in einem großen Center täglich erwartet. " Ein Drittel der zukünftigen Besucher des Shopping-Centers wird als neue Kunden für die Innenstadt gewonnen werden können", heißt es in dem Gutachten (vorausgesetzt, der Neumarkt wird neu gestaltet). Unmittelbar profitieren würden die südliche Große Straße und die Johannisstraße. Der Einzelhandel in der Altstadt werde wegen seines eigenen Charakters kaum betroffen sein.

Was spricht gegen ein Einkaufszentrum?

Ein Shopping-Center würde ganz erheblich die Umsatzverteilung in Stadt und direkter Umgebung beeinflussen. Der durchschnittliche Umsatzverlust anderer Betriebe werde bei sieben Prozent liegen. Dieser Wert (Verdrängungsquote) gilt in Fachkreisen als " abwägungsrelevant", das heißt: Für Geschäfte in ungünstigen Lagen und für manche Betriebe in den Kommunen rund um Osnabrück wird es das Ausbedeuten. Diese Aussicht muss mit den Vorteilen des Centers abgewogen werden.

Für die Osnabrücker Innen-

Bis zu 20 Prozent weniger Passanten

Stadt ermittelten die Gutachter eine Verdrängungsquote von 8, 4 Prozent, für das sonstige Stadtgebiet 2, 6 Prozent, für Belm (Media Markt, Marktkauf) 7, 3 Prozent, für GMHütte 4, 9 Prozent, für Melle 6, 0 Prozent. Die Werte sind in den Branchen unterschiedlich, in einigen werden weit über zehn Prozent erreicht. Die Gutachter empfehlen daher, den Branchenmix eines künftigen Centers so zu steuern, dass die Umsatzverschiebungen unter den kritischen Marken bleiben. Fraglich ist, wie die stark frequenten Geschäfte in B- und C-Lagen (C& A, Galeria-Kaufhof, P& C) reagieren. Wandern sie in das Center ab, werden diese Zonen veröden, sagen die Gutachter voraus. Bleiben sie am Standort, müssen sie mit Frequenzverlusten von 10 bis 20 Prozent rechnen. Der Center-Bau käme einem " Stadtumbau" gleich, heißt es.

VIER INTERESSENTEN, drei Varianten: Relativ konkrete Pläne für ein Einkaufszentrum mit 25 000 Quadratmetern im Justizviertel hat ECE vorgelegt (linke Grafik). Denselben Standort hat auch Kamp-Betreiber AM Developement im Blick. Die Essener Firma mfl schließt das Wöhrl-Haus mit ein (Mitte), die Firma Sonae aus Portugal blickt über die Seminarstraße hinaus (rechte Grafik).

HEUTE: So kann es nicht bleiben. Foto: Hehmann

UND MORGEN? Die Barriere muss weg, sagen die Gutachter.
Autor:
Wilfried Hinrichs


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