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1.
Erscheinungsdatum:
07.11.2018
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Inhalt:
Zeitreise
Überschrift:
Organisierter Staatsterror
Zwischenüberschrift:
Novemberpogrome vor 80 Jahren markierten neue Stufe der Gewalt gegen Juden
Artikel:
Originaltext:
In
der
Nacht
vom
9.
auf
den
10.
November
1938
ging
die
Osnabrücker
Synagoge
in
Flammen
auf.
Die
Feuerwehr
durfte
nicht
löschen.
Die
von
der
SA
angezettelte
Brandstiftung
vor
80
Jahren
markierte
auch
in
Osnabrück
den
Übergang
von
der
Diskriminierung
zur
offenen
Verfolgung
der
jüdischen
Bevölkerung.
Osnabrück
In
der
„
Reichspogromnacht″
wurden
in
Deutschland
rund
1400
Synagogen,
Betstuben
und
sonstige
Versammlungsräume
sowie
Tausende
Geschäfte,
Wohnungen
und
jüdische
Friedhöfe
zerstört.
Eine
Verhaftungswelle
folgte,
30
000
Juden
kamen
in
Konzentrationslager.
Ähnlich
wie
schon
beim
Reichstagsbrand
1933
nutzte
die
NS-
Führung
ein
zufälliges
Ereignis
als
willkommenen
Anlass,
um
eine
weitere
Eskalationsstufe
in
der
Entrechtung
der
Juden
einzuleiten:
Der
jüdische
Student
Herschel
Grynszpan
hatte
am
7.
November
in
Paris
den
deutschen
Diplomaten
Ernst
Eduard
vom
Rath
erschossen.
Die
NS-
Propaganda
deklarierte
die
folgenden
Ausschreitungen
als
„
spontanen
Ausbruch
des
Volkszorns″
in
Reaktion
auf
das
Attentat.
In
Wahrheit
waren
sie
eine
reichsweit
inszenierte
Gewaltaktion,
die
die
„
Arisierung″,
also
die
Zwangsenteignung
jüdischen
Besitzes,
beschleunigen
sollte,
um
damit
letztlich
die
deutsche
Aufrüstung
zu
finanzieren.
Historiker
sehen
in
den
Übergriffen
auch
eine
Art
Testlauf
des
Regimes,
inwieweit
die
Mehrheitsbevölkerung
die
nächste
Stufe
der
Maßnahmen
tolerieren
oder
sogar
unterstützen
würde.
Bei
der
Inbrandsetzung
der
Osnabrücker
Synagoge
hatte
die
SA
Befehl,
in
Zivil
anzutreten,
um
„
Volkszorn
zu
spielen″,
wie
es
in
Gerichtsakten
von
1949
heißt.
Am
folgenden
Tag
schon
verzichtete
die
Parteiführung
auf
derartige
Verkleidungen,
als
sie
am
Morgen
des
10.
November
die
wenigen
verbliebenen
jüdischen
Geschäfte
ausplündern
ließ.
Wie
das
Foto
zeigt,
treten
die
SA-
Männer
in
Uniform
auf.
Viele
von
ihnen
scheinen
sich
bei
der
Aktion
zu
amüsieren,
von
Unrechtsbewusstsein
oder
Entdeckungsangst
zeigen
sie
keine
Spur.
Kein
Wunder:
Man
handelt
auf
Befehl
und
im
öffentlichen
Auftrag.
Zum
Abtransport
der
Warenbestände
der
Tuchgroßhandlung
Flatauer
bedient
man
sich
eines
unkaschierten
Kleinlasters
aus
dem
Fahrzeugpark
der
Partei,
Unterorganisation
Volkswohlfahrt.
Um
der
Osnabrücker
Bevölkerung
die
„
Rechtfertigung″
der
Aktion
vor
Augen
zu
führen,
haben
die
Parteisoldaten
ein
Schild
an
das
Schaufenster
geklebt:
„
Rache
für
Mordsache
vom
Rath″.
Inhaber
der
Textil-
,
Woll-
und
Kurzwaren-
Großhandlung
Flatauer
&
Co.
KG
waren
die
Brüder
Siegfried
und
Raphael
Flatauer.
Beide
waren
angesehene
Mitglieder
der
Synagogengemeinde
und
Mitinhaber
des
Jüdischen
Tennisplatzes
inmitten
des
Wohnblocks,
der
von
Katharinen-
,
Arndt-
,
Roland-
und
Herderstraße
begrenzt
wird.
Ihre
Privathäuser
lagen
ganz
in
der
Nähe:
Siegfried
wohnte
mit
seiner
Frau
Ingeborg
in
der
Herderstraße
3
und
Raphael
mit
seiner
Alma
in
der
Herderstraße
22.
Das
Schicksal
des
im
Bauhaus-
Stil
errichteten
Hauses
Herderstraße
22
und
seiner
Bewohner
wurde
kürzlich
ausführlich
von
unserer
Redaktion
nachgezeichnet.
Die
Firma
Flatauer
wurde
nicht
in
der
Weise
„
arisiert″,
dass
ein
Nicht-
Jude
es
übernahm
und
weiterführte.
Sie
wurde
abgewickelt.
Das
entsprach
den
Interessen
der
nicht-
jüdischen
Geschäfte
derselben
Branche,
die
dadurch
einen
Konkurrenten
weniger
hatten.
Am
19.
Dezember
1939
war
die
Abwicklung
beendet.
Wirtschaftsprüfer
Dr.
Hans
Ludewig
teilte
mit:
„
Der
derzeitige
Stand
auf
dem
Treuhand-
Konto
beträgt
RM
954,
76,
welchen
ich,
nach
Abzug
der
mir
noch
zustehenden
Unkosten,
dem
noch
hier
befindlichen
Mitinhaber
der
Firma,
Raphael
Flatauer,
zur
Verfügung
stellen
werde.″
Das
Warenlager
wurde
dabei
völlig
unterbewertet.
Es
war
schon
vorher
zum
Teil
dadurch
wertlos
geworden,
dass
das
Rollkommando
einen
Stoffballen
nach
dem
anderen
durch
die
zerstörte
Schaufensterscheibe
in
die
Pfützen
auf
dem
Gehsteig
warf.
Der
Geschäftswert,
also
der
immaterielle
Wert
eines
eingeführten
Geschäftsbetriebs,
kam
überhaupt
nicht
zum
Ansatz.
Vielfach
wurden
die
Reparaturkosten
für
die
von
der
SA
eingeworfenen
Schaufensterscheiben
auch
noch
abgezogen.
Im
Rechnungsjahr
1932/
33
führte
die
Steuerliste
der
Synagogengemeinde
110
selbstständige
Steuerpflichtige
auf.
Am
1.
April
1933
begann
eine
öffentliche
Boykott-
Aktion
gegen
jüdische
Geschäfte.
Kunden,
die
weiterhin
bei
Juden
kauften,
wurden
fotografiert
und
ihre
Bilder
in
einem
Schaukasten
bei
der
Firma
Kolkmeyer
an
der
Georgstraße
ausgehängt.
Viele
Geschäfte
wurden
durch
den
beständig
propagierten
Boykott
in
den
Ruin
getrieben
oder
verkauften
kurz
vorher
an
nicht-
jüdische
Kaufleute.
1937
gab
es
noch
54
jüdische
Kaufleute
und
Freiberufler,
im
August
1938
waren
es
21
jüdische
Firmen.
Im
Ergebnis
der
November-
Pogrome
strebte
die
Zahl
gegen
null.
Nach
der
„
Verordnung
zur
Ausschaltung
der
Juden
aus
dem
deutschen
Wirtschaftsleben″
vom
12.
November
1938
war
es
Juden
verboten,
nach
dem
1.
Januar
1939
überhaupt
noch
Einzelhandelsgeschäfte
oder
Handwerksbetriebe
zu
führen.
Am
4.
April
1939
meldete
Bürgermeister
Dr.
Windgaßen
dem
Regierungspräsidenten
Vollzug:
„
Nachdem
die
Witwe
Ida
Stern
ihren
Garagenbetrieb
als
mit
dem
31.
3.
1939
eingestellt
abgemeldet
hat,
sind
sämtliche
in
das
Verzeichnis
der
jüdischen
Gewerbebetriebe
eingetragenen
Betriebe
erloschen.″
Bildtexte:
Der
Tuchgroßhandel
Flatauer
in
der
Möserstraße
26
wurde
nach
der
Pogromnacht
am
10.
November
1938
von
SA-
Männern
geplündert.
Einige
von
ihnen
scheint
das
Treiben
zu
amüsieren.
Ein
bereits
in
die
Jahre
gekommener
Nachkriegsbau
links
neben
der
Ausfahrt
vom
Autoschalter
der
Sparkasse
steht
heute
an
gleicher
Stelle.
Fotos:
Archiv
Museumsquartier
Osnabrück/
Karl
Ordelheide,
Joachim
Dierks
Autor:
Joachim Dierks